Die Hanse: Hanse-Bilder vom 19. bis zum 21. Jahrhundert

Die Hanse

Die Hanse“ ist heute populärer denn je. Dies zeigen zahlreiche Produktnamen. Seit 1926 gibt es z.B. die Lufthansa, die Milch von Hansano kann seit über 50 Jahren gekauft werden, die Hanseboot öffnet alljährlich im Herbst ihre Tore in Hamburg, seit Kurzem wirbt in der Stadt auch eine Pferdemesse mit dem Namen „Hanse-Pferd“. Viele weitere Beispiele ließen sich anführen. Der Name „Hanse“ ist offensichtlich positiv besetzt und bürgt im Wirtschaftsleben für Qualität, Seriosität und Vertrauen.

Aber die Hanse wurde und wird noch für weitergehende Ziele benutzt, sie ist seit dem 19. Jahrhundert wiederholt für politische Zwecke instrumentalisiert und dabei auch mythisch verklärt worden. Ja, immer wieder ist es sogar zur vermeintlichen Wiederbelebung der Hanse in Form einer „neuen Hanse“ gekommen. Ehe darauf näher eingegangen wird, sollen zum besseren Verständnis kurz Wesen und Geschichte der Hanse skizziert werden.

Was war die Hanse?

Die Anfänge der Hanse lagen im 12. Jahrhundert, als zum einen niederdeutsche Kaufleute nach der Gründung Lübecks 1143/59 in den Ostseeraum bis nach Gotland und Osteuropa gelangten und zum anderen Händler aus dem deutschen Reich nach Westeuropa vorstießen. Schon 1175/76 erhielten die Kölner in London ein eigenes Haus, die „guildhall“, später der Stalhof der Hanse. Der Schwerpunkt des hansischen Handels lag in der Folge stets im Transit zwischen Ost- bzw. Nordeuropa und Westeuropa mit Ausläufern in den Süden. Die zentralen Umschlagplätze waren die vier Kontore in Novgorod (Russland), Bergen (Norwegen), Brügge (Flandern) und London (England) sowie die Schonischen Messen (Dänemark).

Regelten zunächst die Kaufleute in den ausländischen Niederlassungen ihre Angelegenheiten selbst („Kaufmannshanse“), so engagierten sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts unter Lübecks Führung die Stadträte für die Kaufleute („Städtehanse“). Dieser Prozess kulminierte 1358 in der Ausrufung der „dudeschen hense“ bzw. „hense van den dudeschen steden“ und den beiden erfolgreichen Kriegen der jungen Städtehanse gegen Dänemark 1361 bis 1370, die im triumphalen Frieden von Stralsund endeten.

Zentrales Organ der Hanse war seit dieser Zeit der Hansetag, den die Bürgermeister und Ratsherren der Hansestädte beschickten. Mit dem 15. Jahrhundert geriet die Hanse allerdings gegenüber den erstarkten Territorialmächten in die Defensive. Beschleunigt wurde der Niedergang durch erfolgreiche Konkurrenten im Bereich des Handels: die Holländer und die „merchant adventures“ aus England. Hansische Reformbemühungen um 1500 und in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden vor allem durch den Dreißigjährigen Krieg (1618-48) und seine Folgen zunichte gemacht.

Heute: Hanse als Vorläufer der Europäischen Union

Im 19. und 20. Jahrhundert ist, wie schon erwähnt, die spätmittelalterliche Hanse zur Legitimierung verschiedener politischer Ziele benutzt worden. Ausgangspunkt ist dabei häufig, dass die Hanse über ihren Handel weit entfernt liegende europäische Länder und Regionen miteinander verknüpfte. Und so wird auch aktuell die Hanse als ein frühes Beispiel für das Zusammenwachsen und die Zusammengehörigkeit Europas gesehen, quasi als ein Vorläufer der Europäischen Union.

Für die Hanse als ein Wegbereiter Europas sprechen in der Tat einige Fakten: Die Hansestädte sind heute über acht europäische Staaten verteilt und 25 der heute 45 europäischen Staaten wurden vom hansischen Handel erfasst. Die historische Hanseforschung unterfüttert gegenwärtig diese Einschätzung. Die renommierten Hansehistoriker Rolf Hammel-Kiesow (geb. 1949) und Matthias Puhle (geb. 1955) halten die Hanse als „außerordentlich gut dafür geeignet, Teil (…) der europäischen Erinnerungskultur am Beginn des 21. Jahrhunderts“ zu werden.

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PD Dr. Thomas Hill,
Lehrkraft und Koordinator am Berufsbildungszentrum Schleswig

Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte

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