Donnerstag, 28. März 2024

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein (BBK-SH)

KulturzeitschriftDer Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein (BBK-SH)

BBK – als erste Auflösung dieses Kürzels bietet die Suchmaschine an: „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“. Das passt nun gar nicht. Erst die zweite Version führt auf die richtige Spur: „Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler“. Berufsständische Organisationen stehen für gewöhnlich allenfalls mit ihren (standes-)politischen Forderungen zeitweise im Blickpunkt des öffentlichen Interesses, nicht mit Aktionen, die sich eher nicht an die Mitglieder, sondern an die breite Öffentlichkeit richten. Bei Künstlerinnen und Künstlern – zumal bildenden – ist das anders.

Den „Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein“ als Verein dürften nicht viele Befragte kennen, aber seine Ausstellungen und Veranstaltungen finden durchaus große Aufmerksamkeit: die jährliche Landesschau, die kleineren Ausstellungen in seinem ‚Stammhaus‘, dem Brunswiker Pavillon, die „Schau der 1000 Bilder“ alle zwei Jahre in der Sparkassenarena.

Die Aufgabe des BBK: Bündelung der Künstlerinteressen

Der schleswig-holsteinische Landesverband des BBK hat über 400 Mitglieder, die professionell auf allen Feldern der bildenden Kunst arbeiten: in der Malerei, der Grafik, der Bildhauerei, der Fotografie, der Performance, der Keramik, der Concept-Art, der kinetischen und Objektkunst. Konstituiert hat er sich 1954 als „Arbeitsausschuss Bildender Künstler Schleswig-Holsteins“ – „in dem Bestreben, die Streitigkeiten unter den Künstlern und die Rivalitäten zwischen den Verbänden zu überwinden sowie in der Absicht, eine für alle bildenden Künstler des Landes verbindliche Vertretung zu schaffen“.

Die sind zwar ‚von Natur aus‘ eher Einzelkämpfer – jede und jeder versucht, ihre und seine Ausdrucksform zu finden und vertritt eine bestimmte Sicht auf die Welt und die eigene Rolle darin. Aber es gibt auch allen gemeinsame Interessen und deren Beförderung setzt Bündelung und geschlossene Außenvertretung voraus. „Mehr Solidarität zum gemeinsamen Handeln“ war daher auch das Motto der ersten Delegiertenversammlung des BBK-Bundesverbands 1973 in Bonn.

Im Vorwort zum Katalog der 40. Landessschau in der Stadtgalerie Kiel 1993 betont Valentin Rothmaler, der damalige Sprecher, der schleswig-holsteinische Landesverband verstehe sich durchaus nicht nur als Berufsverband; er stelle keine reine Standesorganisation dar – schließlich kennt der BBK keine Zwangsmitgliedschaft – , sondern agiere auch im Interesse von Nichtmitgliedern, wenn er sich für die Verbesserung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen professioneller künstlerischer Arbeit einsetze. In der Tat sind an den – jurierten – Jahresausstellungen in Schleswig-Holstein (der „Landesschau“) in der Regel etwa 1/3 der zugelassenen Teilnehmerinnen und  Teilnehmer keine Verbandsmitglieder.

Von der „Kunst-Aktiengesellschaft“ zum Bundesverband bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein

Dem in den 1950er Jahren gegründeten Landesverband gingen in Schleswig-Holstein verschiedene ältere Organisationen voraus. Bereits mehr als 100 Jahre zuvor – 1842/43 – etablierte sich der Schleswig-Holsteinische Kunstverein (erstaunlicherweise in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft), der auch gleich mit einer ersten Ausstellung (im ehemaligen Buchwaldschen Hof in der Kieler Altstadt) an die Öffentlichkeit trat. Immerhin 57 heimische – wohl ausschließlich männliche – Künstler nahmen mit 343 Werken daran teil. Seine Aufgabe sah er allerdings nicht in der Interessenvertretung seiner Mitglieder – die ‚shareholder‘ waren ja auch Kunstfreunde, keineswegs nur oder überwiegend aktive Künstler – sondern darin, „Kunstsinn und Kunstkenntnis unter den Bewohnern der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg zu verbreiten“.

Die erste Künstlervereinigung entstand ein halbes Jahrhundert später mit der „Schleswig-Holsteinischen Kunstgenossenschaft“ 1894. Mit ihr wollten die Künstler erklärtermaßen „ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen“ und eine berufsspezifische ‚Ergänzung‘ zum Schleswig-Holsteinischen Kunstverein bilden. Den ca. 100 Genossenschaftsmitgliedern sollten (bessere)  Präsentations- und Verkaufsmöglichkeiten geboten werden. U.a. in Kiel, Flensburg und Schleswig fanden fortan Ausstellungen statt; Emil Nolde gehörte neben Hans Olde, Carl Arp und Georg Burmester zu den bekanntesten Beteiligten. In der NS-Zeit wurde aus dem freiwilligen Zusammenschluss eine berufsgenossenschaftliche Zwangsvereinigung. Erst nach dem 2. Weltkrieg lebte seine Tradition zunächst im „Bund bildender Künstler Schleswig-Holsteins“ wieder auf, der dann vom BBK-Landesverband abgelöst wurde. Voraussetzung für die Mitgliedschaft darin waren laut Satzung ein schriftlicher Aufnahmeantrag mit dem „Nachweis eines abgeschlossenen Studiums in einem bildnerischen Fach … an einer deutschen oder vergleichbaren ausländischen Hochschule oder Fachhochschule“ oder „der Beteiligung an überregionalen hochrangig jurierten Ausstellungen“. Der Verband versteht sich als Lobby für die Vertretung der beruflichen Interessen der bildenden Künstlerinnen und Künstler in ihrer Gesamtheit, also unabhängig von ihrer Mitgliedschaft. Noch im Gründungsjahr legte er in einer Denkschrift ein 7-Punkte-Programm zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen unter wirtschaftlichen, sozialen, arbeitsrechtlichen, publizistischen und natürlich künstlerischen Aspekten vor. Es umfasste die folgenden Forderungen bzw. Wünsche:

  • Ein eigenes Ausstellungshaus in der Landeshauptstadt Kiel,
  • Beteiligung bildender Künstler bei allen Bauvorhaben des Landes auf Grundlage eines Erlasses,
  • Angleichung der Förderung der bildenden Kunst an die Zuschüsse für Theater und Orchester,
  • Zusammenarbeit mit der Landesregierung in Fragen der bildenden Kunst durch die Berufung eines BBK-Vertreters in den künstlerischen Beirat des Kultusministeriums,
  • Bereitstellung von Mitteln für die Nachwuchsförderung und für Ankäufe bzw. Auftragserteilung an Künstler,
  • eine Gastdozentenstelle an der Muthesius-Werkschule und schließlich – etwas vage –
  • Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.

Im Lauf der Jahre konnten diese Erwartungen weitgehend erfüllt werden, abgesehen von der in dieser Form unrealistischen Forderung nach einer Anpassung der Fördermittel für die bildende Kunst an die für Institutionen mit großen künstlerischen Kollektiven wie die Theater und Orchester. Als kultur- und standespolitisch bedeutendster Erfolg des Verbands dürfte seine Mitwirkung an den 1959 in Kraft getretenen „Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes / Aufträge an Bildende Künstler“ und an deren Neuregelung in der Konzeption „Kunst im öffentlichen Raum“ von 1991 zu werten sein. Für die kunstinteressierte Öffentlichkeit mindestens ebenso wichtig wurde die Eröffnung des „Brunswiker Pavillons“ 1961, der rasch zu einem Ausstellungszentrum für Einzel- und kleinere Themenausstellungen avancierte und vielen Mitgliedern und auch Nichtmitgliedern neue Präsentations- und Verkaufsmöglichkeiten verschaffte. Im Jahr der 40. Landesschau konnte die damalige Ministerin Marianne Tidick unwidersprochen feststellen, „daß es der Künstlerschaft im Jahr 1993 besser geht als vor 40 Jahren“. Ihre gleichzeitige Warnung erwies sich aber ebenfalls als sehr berechtigt: „Wir müssen allerdings heute wachsam sein, daß in der allseitigen Schwäche der öffentlichen Finanzen mühselig Erkämpftes für die Künstlerschaft nicht wieder verlorengeht“. Der Anteil des Kulturetats am Gesamthaushalt des Landes ist in den seither vergangenen 23 Jahren weiter gesunken, Mittel für den Ankauf von Werken für den Landeskunstbesitz stehen seit langem nicht mehr zur Verfügung, der Bedarf für Stipendien und Auftragsarbeiten ist weit größer als die dafür verfügbaren Gelder und auch der Finanzrahmen für Maßnahmen und Aktionen der Kunst im öffentlichen Raum ist bescheidener geworden.

Die Landesschau

Große „Jahresschauen“, für deren – jurierte – Teilnahme sich regelmäßig zahlreiche bildende Künstlerinnen und Künstler bewarben, die damit so etwas wie den „Kristallisationspunkt für die Kunst im Lande“ darstellen und einen aktuellen Überblick über vorherrschende Stilrichtungen und erkennbare Trends ermöglichen, gab es auch schon vor der Gründung des Landesverbands. Sie wurden seit 1946 vom schleswig-holsteinischen Künstlerbund in der Kunsthalle Kiel veranstaltet. Die erste „Landesschau“ in der Verantwortung des BBK (gemeinsam mit dem Landeskulturverband) fand ebenfalls dort statt. Auch in den Folgejahren war die Landeshauptstadt mit der Kunsthalle, später auch mit dem Pavillon und der Stadtgalerie, der häufigste Austragungsort. Aber der BBK ging mit seiner Landesschau bewusst auch ‚in die Fläche‘: von Brunsbüttel (Stadtgalerie im Elbeforum) bis Lübeck (verschiedene Häuser) und von Flensburg (Museumsberg) bis Norderstedt und Reinbek (jeweils im Rathaus), Wedel (Ernst-Barlach-Museum), Pinneberg (Landdrostei) und Eutin (Ostholstein-Museum) fanden sich immer wieder Kommunen bereit, die Landesschau auszurichten und sich finanziell daran zu beteiligen –  erfahrungsgemäß zieht sie in den Wintermonaten zusätzliche Besucher in die Stadt und garantiert mediale Aufmerksamkeit. Die Bandbreite der jeweils präsentierten Stile und Techniken ist groß, aber auch wechselnd.

Der Katalog zur Rückschau auf „40 Jahre Landesschau“ macht den – nicht unproblematischen – Versuch, jeweils eine Dekade in ihren vorherrschenden Tendenzen von kunsthistorischen Experten charakterisieren zu lassen. Die teilnehmenden – meist männlichen – Künstler der ersten Dekade 1954-63 (Geburtsjahrgänge 1889 – 1928) arbeiteten noch überwiegend gegenständlich und bevorzugten konventionelle malerische Sujets wie Landschaften, Hafen- und Städteansichten, Stillleben und – zunehmend abstrahierte oder auf geometrische Grundformen reduzierte – Darstellungen von Tieren und Menschen. Das Verhältnis von ungegenständlichen zu gegenständlichen Arbeiten unter den für 1960 eingereichten Werken schätzt die auf diese Periode rückblickende Expertin auf 1:30. Die in der deutschen bildenden Kunst ab Mitte der 50er Jahre zu beobachtende Tendenz zur Abstraktion erreicht Schleswig-Holstein erst mit zeitlicher Verzögerung – ein Phänomen, das auch für spätere Ausdrucksformen wie Fluxus, Zero, Minimal Art oder Happenings festzustellen ist: sie kommen im Norden erst ‚verspätet‘ oder gar nicht an.  Die im nächsten Jahrzehnt 1963-73 eingereichten und ausgestellten Werke (Geburtsjahrgänge 1912 – 1941) seien – so die Kuratorin – gekennzeichnet durch „unaufdringliche Gegenständlichkeit und unaufregende Abstraktkunst“. Spürbar sei allerdings auch ein „Mehr an Realität“ mit zivilisations- und umweltkritischen Akzenten, repräsentiert insbesondere durch die Arbeiten von Harald Duwe – der „Zeitgeist von 1968“ wirkt sich auch in der schleswig-holsteinischen Kunstproduktion aus. Die Landesschauen ab Mitte der 60er Jahre liegen dann „voll im aktuellen Trend“. Prägend für die Ausstellungen in der folgenden Dekade 1973-83 (mit Teilnehmern der Jahrgänge 1927 – 1943) waren nach Einschätzung  der kunsthistorischen Kritikerin „Werke von Spurensicherern, Objektmachern und Fotografen“, die der Szene neue Impulse geben. Für die Jahre bis 1993 konstatiert der Leiter der Kieler Stadtgalerie, Knut Nievers, als resümierender Kurator „eine große Vielfalt experimenteller Kunst von erregender Originalität“, die sich bei den schleswig-holsteinischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Gemeinschaftsausstellung „KunstLandschaft BundesRepublik. Junge Kunst in deutschen Kunstvereinen“ 1984 ebenso wie in den Landesschauen dieser Periode entdecken lasse (mit Aktiven der Jahrgänge ab 1937).

Jurierte Ausstellungen – die ewige Herausforderung

Landesschauen sind grundsätzlich jurierte Ausstellungen, zu denen eingeladen wird. Die Mitgliederversammlung des Landesverbands wählt dazu satzungsgemäß aus ihrer Mitte alljährlich eine Ausstellungsjury, die aus fünf  Mitgliedern sowie einer Vertreterin / einem Vertreter des gastgebenden Hauses  besteht. Der Vorstand („Arbeitsausschuss“) des BBK entsendet ebenfalls ein Mitglied in diese Jury. Deren Mitglieder sind in ihrem Urteil zweifellos um Objektivität bemüht, gleichwohl führte die Jurierung – sowohl grundsätzlich als auch im konkreten Einzelfall – immer wieder zu teils heftigen Kontroversen. Angesichts der nicht selten rigorosen Reduzierung der eingereichten Arbeiten kann das auch nicht wundernehmen. So bewarben sich etwa 2003 zur 50. Landesschau 307 Künstlerinnen und Künstler mit 697 Werken – ausgewählt wurden 104, also etwa ein Drittel, mit 129 Arbeiten (ca. 20%). Unter den Zugelassenen waren 90 Mitglieder und 14 Nichtmitglieder; das Verhältnis männlicher zu weiblichen betrug 53:51. Dieser strenge Maßstab war durchaus nicht unüblich – ein Jahr zuvor kam zwar über die Hälfte der Bewerber zum Zuge, aber nur 16% der eingereichten Werke  konnten die Juryschleuse passieren. Immer wieder wurde daher mit neuen Verfahrensweisen experimentiert: schon 1962 versuchte man es mit einer juryfreien Abteilung (was die Kieler Volkszeitung zu einem harschen Kommentar veranlasste: „im ganzen bedurfte es wirklich nicht mehr des Beweises, daß eine nicht jurierte Ausstellung mehr oder weniger zur Greuelkammer wird“). 1969 gab es neben der Landesschau (in der Kieler Kunsthalle) eine juryfreie Ausstellung im Brunswiker Pavillon, zehn Jahre später sogar eine gänzlich juryfreie Landesschau. Ganz schlecht kam der Versuch einer Vorwärtsverteidigung der Jury von 1967 an, sich parallel zur Landesschau in einer separaten Ausstellung „Jury der Landesschau“ mit eigenem Katalog im Pavillon vorzustellen. 1989 wurde für Nichtmitglieder eine Vorjury mittels Dias eingeführt und 2015 musste erstmals ganz auf die Begutachtung der originalen Werke verzichtet werden; die Jury wählte nach Fotos aus. Nur 83 von 487 eingereichten Arbeiten ‚kamen durch‘. Bei aller Kritik an Entscheidungen der Jury: eine bessere – ‚gerechtere‘ – Alternative ist nicht in Sicht. Die Bestellung einer allein entscheidungsberechtigten Person – das kuratorische Prinzip der  documenta – stand jedenfalls nie ernsthaft zur Diskussion. Der öffentliche Streit um Jan Hoets Konzept der documenta IX (1992) wirkte nachhaltig abschreckend.

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Bernhard Schwichtenberg, langjähriger Sprecher des BBK Schleswig-Holstein, hat nach eigenem Bekunden die Unabhängigkeit der Jury einmal sehr drastisch zu spüren bekommen: Am Wochenende zum Vorsitzenden gewählt, sei er am darauffolgenden Montag „mit einer vorzüglichen Arbeit rausgeflogen aus der Landesschau“. Sein Kommentar: „den Verband muss man sich erst mal suchen, der sich traut, einen am Sonnabend zum Vorsitzenden zu wählen und am   Montag einen Tritt in den Hintern zu geben, sozusagen“. Sein Appell, die Jury möge mal den Mut aufbringen und am Ende „drei Sätze“ formulieren, „unter welchen Gesichtspunkten“ sie eigentlich ihre Arbeit durchgeführt habe, blieb allerdings bisher ohne Echo.

Seit 1991 verleiht die Jury (in den ersten Jahren war es der Arbeitsausschuss zusammen mit der Leitung des jeweiligen Ausstellungshauses) einen Landesschaupreis. Dabei handelt es sich nicht um einen direkten Geldpreis, der oder dem Preisträgerin/Preisträger wird jedoch im folgenden Jahr eine separate Ausstellung mit einem repräsentativen Katalog im Pavillon ausgerichtet. Der erste Träger des Landesschaupreises war HD Schrader; von den 25 Preisträgern seither waren neun weiblich und fünfzehn männlich (im vergangenen Jahr wurde eine Künstlergruppe aus Kiel ausgezeichnet). Nachdem es bereits 1968 – einmalig – einen „Preis der Ausstellungsbesucher“ gegeben hatte, gestiftet vom Landesverband, wird nun seit der 57. Landesschau (2010/11 in der Stadtgalerie Kiel) regelmäßig auch ein undotierter Publikumspreis ‚verliehen‘, ermittelt über die Stimmabgabe der Ausstellungsbesucherinnen und Besucher und verkündet am Tag der Finissage. Hier waren Ilse Amendt und Ute Diez die ersten Preisträgerinnen. Katharina Duwe machte das Rennen gleich zweimal nacheinander – in Schleswig 2013/14 und in Eutin 2014/15. Bisher deckte sich das Votum der BBK-Jury allerdings noch in keinem Fall mit dem des Publikums.

Kieler Kunstmesse: Die „Schau der 1000 Bilder“

Ist die jährliche Landesschau so etwas wie ein Brennpunkt für die jeweils aktuelle Kunstproduktion im Lande (mit entsprechender medialer Aufmerksamkeit auch in der Fachwelt), so hat die alle zwei Jahre ausgerichtete „Schau der 1000 Bilder“ eher den Charakter eines massentauglichen ‚Events‘. Sie geht auf eine Idee des damaligen Sprechers Bernhard Schwichtenberg zurück und zieht an einem Wochenende im September leicht bis zu 5000 Interessierte in die Kieler Ostseehalle / Sparkassenarena. Die nicht jurierte Schau gilt als Kieler Kunstmesse, eine Verkaufs- und Kontaktbörse, in der sich mehr als 150 Künstlerinnen und Künstler in über 100 Kojen mit ihren Werken präsentieren – keineswegs nur Mitglieder des BBK, auch Angehörige anderer Kunstvereine oder Künstlergruppen. Hier kann jede/r zeigen, was und so viel er oder sie will und was der verfügbare Raum erlaubt. Arbeiten in sämtlichen Techniken und Formaten stehen zu Preisen ab 80 € (nach oben offen) zum Verkauf. Ob jeder Teilnehmer die Standgebühr von 150 € wieder ‚hereinbekommt‘ oder gar unter Berücksichtigung seines Arbeits- und Materialeinsatzes ‚Gewinn macht‘, ist freilich nicht gesichert. Bei einer Tombola gibt es für die Besucher sogar Preise zu gewinnen.

Die Veranstaltung war nicht unumstritten. In der in Schleswig-Holstein ohnehin nicht eben reichen Galerienszene wurde dem BBK als einer mit öffentlichen Mitteln (knapp die Hälfte des jährlichen Etats kommt als Zuschuss vom Kulturministerium) geförderten berufsständischen Organisation das Recht zur Ausrichtung einer solchen Kunstmesse abgesprochen. Der Verband weist diese Kritik zurück. Und eine einmalige Wochenend-Verkaufsschau alle zwei Jahre dürfte wohl auch keine allzu große Konkurrenz für den übrigen Kunsthandel bedeuten.

Die „Zentrale“ des BBK-SH: Der Brunswiker Pavillon

Neben der Kunsthalle zu Kiel, getragen von der Universität, und der Stadtgalerie verfügt die Landeshauptstadt seit 1961 mit dem Brunswiker Pavillon über ein weiteres regelmäßig bespieltes Ausstellungshaus, dessen Programm von einer Künstlerorganisation in eigener Regie gestaltet wird. Jährlich finden hier vier bis sieben Ausstellungen statt, mal einer Künstlerin / einem Künstler, mal einem Thema, einer bestimmten Technik oder einem Sujet gewidmet. Das Spektrum ist weit gespannt. 1972 – passend zu den Segelwettbewerben der Olympischen Spiele – ging es um den „Sport – bildnerisch und plastisch“, 1973 und 1978 um „Technik und Kunst“ bzw. „Industrie und Technik“. 1975 präsentierte man in Folge Stillleben, Landschaften, Das Porträt und Aktdarstellungen, einige Jahre später „Nachlässe schleswig-holsteinischer Künstler“. Auch die Kunstproduktion anderer Regionen oder Länder stand zuweilen im Fokus, so 1977 „Neue Kunst in China“, die „Szene Polen“ und 1987, also noch vor der großen Wende, „Zwölf junge sowjetische Maler und Grafiker“. Selbst ein europäischer Zwergstaat bekam die Chance, sich mit „5 Künstlerinnen der Republik San Marino“ vorzustellen – mit einer Korrespondenzschau „Künstler aus Schleswig-Holstein“ dort im gleichen Jahr (1991) mit 13 Teilnehmern.

Immer wieder umfasste das Programm auch thematisch zusammengehörige Serien, etwa „Korrespondenzen: Abstraktionen / Ausschnitte / Prozesse / Wirklichkeiten / Meditativ“ (1985) oder „Konfrontation I / II Gelb / III Blau / IV Rot / V Figur“ (1988), „Tierbilder“ I – IV (1992/93). Jeweils sieben Künstlerinnen und Künstler zeigten 1989 in der Reihe „7 x 7“ Fotografie, Zeichnung, Objektkunst, Malerei, Druckgrafik, Installationen und Bildhauerei – für die Verfolgung der aktuellen Kunstszene im Lande ist der Pavillon mittlerweile ein unentbehrlicher Indikator.

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein als kulturpolitischer Akteur

Für die kunstinteressierte Öffentlichkeit steht naturgemäß der Ausstellungsbetrieb des BBK – mit der großen Landesschau, der Ausstellungspalette im Pavillon und der 1000-Bilder-Schau – im Zentrum der Aufmerksamkeit, ein anderer Aspekt der Verbandsarbeit ist aber auch nicht unwichtig: seine kulturpolitischen Aktivitäten. Schon das 7-Punkte-Programm von 1954 hatte diesen Anspruch ja deutlich formuliert und der BBK hat daran immer festgehalten. Für den für seine Mitglieder als mögliche Auftragnehmer besonders interessanten Aufgabenbereich der Kunst am Bau / Kunst im öffentlichen Raum hat der BBK einen speziellen Bevollmächtigten bestellt, der dem Arbeitsausschuss angehört. Für potentielle Bauherren stehen ein Ordner und eine CD-Rom zur Verfügung, worin sich zahlreiche BBK-Mitglieder mit ihren Konzepten und Ideen für Maßnahmen oder Aktionen der Kunst im öffentlichen Raum vorstellen. Allerdings ist die Bautätigkeit der öffentlichen Hand in Schleswig-Holstein stark zurückgegangen – der Ordner wird nicht allzu häufig angefordert. Zu den Einrichtungen, die in diesem Jahr vom diesbezüglichen Programm des Kulturministeriums profitieren konnten, gehört die Stadtteilbücherei Gaarden: Katharina Kierzek gestaltete eine Wand in der Veranstaltungsecke mit einer anspielungsreichen filmisch-inspirierten Comic-Collage („Raumschiff Immerbereit“). Mitte der 70er Jahre schloss sich der BBK dem bundesweiten Appell an die politischen Parteien „Kunst ist kein Luxus“ an. Im Vorfeld der Landtagswahlen von 1992 meldete er sich im Chor der „13 Forderungen schleswig-holsteinischer Kulturverbände an den 13. Schleswig-Holsteinischen Landtag“ zu Wort. Auch an der Planung des Nutzungskonzepts für das Kulturzentrum Salzau 1986 (das mittlerweile leider von der kulturellen Bildfläche verschwunden ist) war er beteiligt.

Die bedeutendere Rolle auf diesem Feld kommt allerdings dem Bundesverband des BBK zu, dem der Landesverband als korporatives Mitglied angehört und der heute etwa 10.000 bildende Künstlerinnen und Künstler repräsentiert. Er hat Sitz und Stimme in einer Reihe z.T. recht einflussreicher Gremien wie der VG Bild – Kunst, dem Kunstrat im Deutschen Kulturrat, der Stiftung Kunstfonds, dem Sachverständigenkreis Kunst am Bau beim Bundesbauministerium, der Deutschen UNESCO-Kommission und der Internationalen Gesellschaft der Bildenden Künste. In seiner Quartalszeitschrift „kultur politik“ nimmt er Stellung zu allen relevanten Themen, Debatten und Gesetzentwürfen und informiert und berät seine Klientel in dem inzwischen in der 5. Ausgabe erschienenen Kompendium „ProKunsT“ in allen berufsspezifischen Fragen (Steuern, Versicherungen, Vertragsgestaltung, Urheberrecht). Seine kulturpolitischen Forderungen werden von allen angeschlossenen Landesverbänden geteilt und zielen u.a. auf die Aufstockung der Deutschen Künstlerhilfe, die Verbesserung der Rentenregelung der Künstlersozialkasse, die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquête-Kommission „Kunst in Deutschland“ von 2007, die Verbesserung der musischen Bildung an Schulen und die Ausgestaltung eines „kulturfreundlichen Steuerrechts“. Der Bundesverband initiiert regelmäßig Umfragen und Erhebungen zur wirtschaftlichen und sozialen Situation von (bildenden) Künstlern in Deutschland und publiziert die Ergebnisse. Er veranstaltet  Symposien, etwa zu „30 Jahre Kunst im öffentlichen Raum“ (2003) und richtet auch selbst bundesweite Ausstellungen zeitgenössischer Kunst aus – zentral wie „40 Jahre Kunst in der Bundesrepublik Deutschland“ in der Berliner Kunsthalle (1989) und „Kunst macht Arbeit“ im Bundeswirtschaftsministerium (2003) oder dezentral wie das Projekt „Zeitgleich – Zeitzeichen“ alle drei Jahre in mehr als 100 teilnehmenden Städten. Seit 1994 verleiht er gemeinsam mit dem Bonner Frauenmuseum den Gabriele-Münter-Preis (finanziert vom Bundesfamilienministerium) und setzt damit ein Signal für die gezielte Förderung von Künstlerinnen. Spezielle Publikationen befassen sich mit dem nach wie vor nicht gelösten Streitthema einer angemessenen Ausstellungsvergütung für bildende Künstlerinnen und Künstler („Leitlinie Ausstellungsvergütung“, 2014), mit Programmen und Projekten kultureller Bildung für Jugendliche („WOW – Kunst für Kids“, 2010) oder dem Umgang mit Künstlernachlässen („Anlass: Nachlass“, 2015).

Der BBK – der Bundesverband und seine Landesverbände – ist auf vielen Feldern aktiv. Bildende Künstlerinnen und Künstler sind – ebenso wie ihre schreibenden Kollegen und anders als Musiker – zwar von ihrem Metier her eher keine Teamplayer, aber auch sie sehen längst nicht mehr in der splendid isolation des Elfenbeinturms ihr angemessenes Zuhause. Nein, sie gehen in die Öffentlichkeit, stellen sich der Konkurrenz, mischen sich ein und wissen, wenn sie etwas für die Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen erreichen wollen: nur gemeinsam sind wir stark.

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Rolf-Peter Carl

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband Schleswig-Holstein. Ausgewählte Veranstaltungen:

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