Sonntag, 3. Dezember 2023

2019So16jun(jun 16)10:00Mi31jul(jul 31)18:00Fehmarn : Das Manifest des DaseinsEin Dialog zwischen Joanna Skurska und Leszek SkurskiRubrikKunstVeranstaltungsartAusstellung

Zeit

Juni 16 (Sonntag) 10:00 - Juli 31 (Mittwoch) 18:00

Details

Der Ernst Ludwig Kirchner Verein Fehmarn e.V. präsentiert in seiner Sommerausstellung vom 18. Juni bis 31. Juli 2019 ein polnisches Künstlerehepaar mit „Das Manifest des Daseins – Ein Dialog zwischen Joanna Skurska und Leszek Skurski“.

Die Ausstellung wird an zwei Stationen gezeigt: im Senator Thomsen Haus und in der St. Nikolai Kirche in Burg auf Fehmarn. Auf den ersten Blick haben die beiden Künstler nicht viel gemeinsam, aber auf den zweiten Blick verbindet ihr Werk die anwesende Abwesenheit in einer nachhaltigen Stille.

Die Gemälde von Leszek Skurski werden von der Farbe Weiss dominiert, Ebenen von Weiss, die in Schlieren, Höhen und Tiefen einen Raum definieren, aus dem skizziert Figuren in der Zentralperspektive erwachsen. Das Bildpersonal erscheint wie zufällig in den Bildern, immer kurz vor dem Verschwinden. Der Maler friert Alltagsszenen zu Schnappschüssen ein und schenkt der Abwesenheit viel Raum. Er beschränkt sich in seinen Narrationen auf das Wesentliche und stellt den Menschen ins Zentrum seiner Malerei. Skurski spielt mit Nähe und Ferne, mit der Grenze zwischen Erzählen und Inszenieren. Oftmals scheinen seine Sujets geradezu einem Film Noir entsprungen zu sein. Auch die Lichtführung mit begrenzten Lichtflächen ist kinematographisch und verstärkt somit das Rätselhafte der Arbeiten, wie das Bild „Jump“, 2017, eindrucksvoll und verführerisch zeigt. Man glaubt Rita Hayworth auf einen Sprungturm steigen zu sehen und hofft, dass sich im Swimmingpool Wasser befinden wird.

Im Senator Thomsen Haus werden auch ganz neue Arbeiten des Malers zu sehen sein, in denen er erstmals mit sehr viel Farbe arbeitet. Die Arbeit „Mad Men“, 2019, zeigt ein vielfältiges Farbspektrum, mit welchem er auf die Gegenwart reagiert. Ein in Abendgarderobe gekleidetes Frauenpaar steht in einem öffentlichen Raum, der nur durch die Farbflächen, den Schatten, eine Betonplatte und eine aus der rechten Ecke kommende Linie definiert ist. Wie immer in seinen Arbeiten sehen wir einen Moment, der die Realität bis aufs Äußerste verdichtet. Das Gemälde handelt nicht nur an der Oberfläche von der Gegenwart, sondern gräbt sich durch Abwesenheit und den Titel „Mad Men“ radikal tief in unser gesellschaftliches Gedächtnis.

Denn der Film, der durch Abwesenheit und diesen Titel in unseren Köpfen entsteht, handelt von Gewalt und versuchter Gewalt gegen wehrlose Frauen. Eine weitere radikale Arbeit, die die Gegenwart untersucht, betitelte der Maler mit „Obergrenze“, 2019. Gezeigt wird ein tosendes Meer, in dessen Mitte ein vollbesetztes Boot schaukelt. Die Details, dunkle Hautfarbe und Kopfbedeckungen, weisen das Bildpersonal als „Flüchtlinge“ aus. Die Einsamkeit und die Hilflosigkeit dieser Szenerie mahnen die Betrachter, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, den Menschen.

Auf den Menschen, die Frau, konzentrieren sich auch die Objekte von Joanna Skurska. Aus Kupferdraht grazil geflochtene Bustiers und Abendroben spielen mit dem zutiefst menschlichen Dilemma von Sein und Schein. In der St. Nikolai Kirche treten die Skulpturen in einen Dialog mit den christlichen Skulpturen. Die Abwesenheit der weiblichen Figur und damit die Präsenz dieser hinterfragt das Dasein der Frau in der Gegenwart. Und erfährt durch die Unterstützung des kuratorischen Ansatzes die Antwort, die in der christlichen Kirche klar formuliert ist. Das Leben feiert den Menschen in seinen Daseinsformen, einen Unterschied zwischen den Geschlechtern sollte es nicht geben. Skurska verweist mit Eindringlichkeit und großer Subtilität darauf.

Ihre Objektarbeit „Flyer“ – Drahtgeflechte, die abstrakt über die Wand fliegen, umkreisen in der St. Nikolai Kirche die gotländische Taufe, die aus der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik entstand. Mich erinnern die „Flyer“ an Schaumkronen auf dem Wellenkamm, die Kraft des Daseins beschreibend, einen Täufling ehrend und begleitend.

Ihre Holztableaus im Senator Thomsen Haus ergänzen das „Manifest des Daseins“ aus der Perspektive der Natur. Die Künstlerin bearbeitet Holzplatten in Serie und folgt der Maserung in Öl, um sie hervorzuheben und weiterzugestalten, zum Flimmern bringt sie sie durch mehrere Lasuren mit Kunstharz. Jeder Strich in ihrem malerischen Werk bewahrt seine Autonomie, ist nie nur beschreibend oder mimetisch nachahmend, sondern vielmehr eine Anleitung zum Wahrnehmen der Welt unter kosmologischen Bedingungen. //

 

Sommerausstellung des Ernst Ludwig Kirchner Vereins Fehmarn e.V.
„Das Manifest des Daseins – Ein Dialog zwischen Joanna Skurska und Leszek Skurski“
Senator Thomsen Haus, Breite Strasse 28, 23769 Fehmarn / OT Burg
Öffnungszeiten: Di – So, 11–17 Uhr
St. Nikolai Kirche, Fehmarn
Breite Strasse 47, 23769 Fehmarn / OT Burg
Öffnungszeiten: Mo – Sa, 10–16 Uhr

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog:

„Das Manifest des Daseins – Ein Dialog zwischen Joanna Skurska und Leszek Skurski“,
Herausgeber: Ernst Ludwig Kirchner
Verein Fehmarn e.V., Solivagus Verlag, Kiel,
ISBN 978-3-947064-07-6,
14 Euro

Veranstalter

Ernst Ludwig Kirchner Verein Fehmarn e.V.

kirchner-verein_fehmarn@t-online.de Bahnhofstraße 48, 23769 Fehmarn

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