Dem Freund ins Stammbuch geschrieben. „Denkmale der Freundschaft“ in der Eutiner Landesbibliothek

Es begann Mitte des 16. Jahrhunderts an der protestantischen Universität Wittenberg, als es unter Studenten Mode wurde, ihre Professoren und Mitstudenten um kurze handschriftliche Einträge zu bitten, die zunächst an freien Stellen in gedruckte Bücher, bald dann in eigens dafür angelegte handliche Bändchen eingetragen wurden. Die Sitte dieser zunächst „liber amicorum“ oder „album amicorum“ genannten Büchlein breitete sich schnell im gesamten deutschen Sprachraum aus: Bald schon gehörten sie zum  selbstverständlichen Reisegepäck der Studenten, die an ihrem Studienort Einträge möglichst vieler Freunde und bedeutender Personen sammelten, um sich später an ihre Studienzeit zu erinnern.

Darüber hinaus konnte man auf diese Weise dokumentieren, mit wem man in freundschaftlichem Kontakt stand – nicht selten dienten diese Büchlein als  Empfehlungsschreiben für künftige Ämter. Der Begriff „Stammbuch“, der sich bald einbürgerte, geht vermutlich auf die Tradition adliger Wappenbücher („libri gentilitatis“) zurück, mit denen sich Ritter  auf mittelalterlichen Turnieren, Hoffesten und Reichstagen zu legitimieren hatten. Diese Wappentradition wurde teilweise bis ins 18. Jahrhundert auch von selbstbewussten Bürgerlichen weitergeführt. So beginnt der Medizinstudent und spätere herzogliche Leibarzt in Eutin Christoph Friedrich Hellwag (1754-1835) sein Stammbuch mit einem  Aufwendig gestalteten, wappengezierten Stammbaum seiner Vorfahren.

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts, der Zeit der „Empfindsamkeit“, wurden die Stammbücher in besonderem Maße zum Medium einer subjektiv-emotionalen Erinnerungskultur im Zeichen des Freundschaftskults der Zeit: Durch ihre Stammbucheinträge konnten sich die Freunde aneinander erinnern und die Freundschaft trotz räumlicher Trennung aufrecht erhalten.

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Frank Baudach,
Eutiner Landesbibliothek

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