Knopfaugen suchen Knicks zum Glücklichsein

Schleswig-Holsteins wilde Hecken sind der Lieblingsort der Haselmaus. Zum Verlieben: die Haselmaus, dieses daumengroße, putzige Geschöpf. Allein schon wegen der schwarzen Kulleraugen. Aber deshalb ist sie keineswegs zum Tier des Jahres 2017 gekürt worden – diese Maus, die gar keine Maus ist. Vom Aussterben bedroht ist sie nicht, aber ihr Lebensraum schwindet. Und dem soll mit der Wahl zum Tier des Jahres entgegengesteuert werden.

Wissenschaftlich gesehen, gehört sie zu den Schläfern, ihr berühmtester Verwandter ist der Siebenschläfer, aber das nur wegen seiner vermeintlichen Aussagekraft für den Verlauf des Sommerwetters. Zumindest der andere Teil des Namens führt nicht in die Irre. Tatsächlich gehören Haselnüsse zur Lieblingsspeise des Winzlings. Und wo gibt es die? Natürlich an Haselsträuchern und die stehen bekanntlich oft im Knick.

Knicks sind landschaftsprägend für Schleswig-Holstein, wertvolles Kulturelement. Sie tragen zur Biologischen Vielfalt im Land zwischen den Meeren bei. Doch sie werden immer weniger. Am Ende des Zweiten Weltkrieges maßen sie noch mindestens 87.000 Kilometer Länge: Aktuelle Zahlen gehen von der Hälfte, von etwa 45.000 Kilometer aus, Tendenz weiter fallend. Das heißt aber nicht automatisch, wo viele Knicks, da auch viele Haselmäuse. Die richtigen, bunten Knicks, mit vielen Beeren, Nüssen und Früchten fehlen der Haselmaus in Schleswig-Holstein und im gesamten Bundesgebiet. Ihr Bestand ist bedroht! Nur merkt es niemand, denn der kleine Kletterkünstler führt sein Leben klammheimlich. Auf Nahrungssuche geht er nur nachts. Da merkt eben keiner, dass sie verschwinden. Bei der Familie der Schläfer ist der Name Programm. „Pofen“ heißt die Devise: Der Tag wird für gewöhnlich verschlafen. Desgleichen der Winter. Schon im September richtet die Haselmaus ihr Winterquartier im Knick her, um sich für den siebenmonatigen Winterschlaf gemütlich zu betten.

Dem Dänenkönig Christian sei Dank …

Knicks sind Ur-Holsteiner und etwas ganz Besonderes, nicht nur aus kulturhistorischer Sicht, sondern auch aus ökologischer. Knicks sind lebendige Zäune, die im auslaufenden 18. Jahrhundert von Bauern auf Weisung des über Schleswig-Holstein herrschenden Dänenkönigs Christian VII. gepflanzt wurden. Im Zuge der so genannten Verkoppelung wurde ehemals gemeinschaftlich genutztes Land auf einzelne Bauern umverteilt. Damals wie heute ist der Knick Grenze zu Nachbarflächen, bietet Schutz vor Erosion und liefert Holz für den heimischen Herd oder Ofen.

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Thomas Voigt
Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein