Kunst erobert das Land – Künstlerische Freiheiten

KUNST@SH zeigt auf der Website www.sh-kunst.de wie ein „virtuelles Museum“ mehr als 850 frei zugängliche Kunstwerke aus allen Ecken Schleswig-Holsteins mit informativen Texten und hochwertigen Fotos. Was normalerweise durch die großen Entfernungen zwischen den Arbeiten kaum funktioniert, ermöglicht die Technik: den direkten Vergleich.

Zaghafte Schritte in die Moderne

Die im öffentlichen Raum ausgestellten Kunstwerke aus den 1950er Jahren zeigen zwei gegensätzliche Tendenzen, wobei ein genauer Blick auf die Orte der Aufstellung sehr aufschlussreich ist. An Schulen, in Wohngebieten und auf öffentlichen Plätzen sind fast ausnahmslos gefällige Motive zu sehen, oft in hoher handwerklicher Qualität: allen voran Kinder und Tiere, aber auch Menschen in traditionellen Berufen.

Die Kunst der 1950er Jahre hat aber auch eine andere Seite, die deutlich experimenteller ist und neue Formen der Darstellung zeigt. Sie löst sich stark vom reinen Abbild und gewinnt ihre Kraft aus Verfremdung und Abstraktion oder der gänzlich ungegenständlichen Form. Diese Kunstwerke, die bei vielen Zeitgenossen auf Unverständnis und Ablehnung stießen, wurden erst später in Skulpturenparks aufgenommen, wo sie heute das weniger angepasste Gesicht der Nachkriegszeit zeigen.

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Ähnlich gespalten ist das Bild der 1960er Jahre. Im normalen Stadtbild dominieren weiterhin die bekannten figürlichen Darstellungen, während die stärker experimentellen Arbeiten überwiegend in den Skulpturenparks zu finden sind. Doch die Überschneidungen nehmen zu – die Formen der Figuren werden freier, abstrakte Arbeiten sind nun gelegentlich auch an öffentlichen Plätzen zu sehen und auch ungegenständliche Kunstwerke haben eine Chance. Zwar polarisieren Skulpturen wie Bernhard Heiligers „Fünf Erdteile“ am Kieler Stresemannplatz zu ihrer Zeit sehr stark, letztlich aber können sie sich behaupten.

Überwindung der Grenzen

In den 1970er Jahren dreht sich der Wind. Dieses Jahrzehnt gibt sich betont modern und wendet sich stark neuen künstlerischen Formen zu, während die klassischen menschlichen Figuren nahezu verpönt sind. Das Spiel mit Geometrie, Mustern, Reihungen, Material, Formen und Farben und das Aufgreifen von Strukturen aus der Natur kennzeichnet viele Kunstwerke der Siebziger.

Ab den 1980er Jahren ist die große Vielfalt der Kunstformen im öffentlichen Raum Schleswig-Holsteins angekommen. Rückgriffe auf die Tradition sind genauso erlaubt wie jeglicher experimenteller Ausdruck. Diese Vielfalt ist die große Stärke und bietet dem Publikum die Chance, ganz unterschiedliche Ansätze und Ansichten zu erleben und Denkanstöße zu erhalten.

Viele Entwicklungen der allgemeinen Kunstentwicklung in Deutschland, Europa und der Welt kamen im Laufe der Jahrzehnte auch im öffentlichen Raum in Schleswig-Holstein an. Anfangs war nur eine geringe Bereitschaft vorhanden, außergewöhnliche Kunst zu finanzieren und öffentlich zu präsentieren, doch mit der Zeit hat sich die freie Kunst ihren festen Platz in der Öffentlichkeit erobert und bereichert mit ihren Ideen unseren Alltag. Dies ist nicht nur dem Engagement der Künstler zu verdanken, sondern auch dem Mut und der Leidenschaft derer, die dies finanziell und organisatorisch unterstützen. Die Schaffung und Sicherung geeigneter Strukturen zur Förderung der Kunst bleibt auch für die Zukunft eine große und ehrenvolle Aufgabe. //

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Jan Petersen

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