Mahlzeit, Erstmal, Moin. Grüße in Nordfriesland und anderswo

Jeder kennt „Mahlzeit“ und „Moin“ als Gruß – zumindest in Norddeutschland; die Verabschiedung „Erstmal“ ist schon südlich von Eider und Nord-Ostsee-Kanal seltener. Wo kommen diese Grußformeln her und wie werden sie gebraucht?

LANDRAT in Pelz und Cylinder durch die Tür rechts. Moin, meine Herren!
MOLLWEIN. Moin, Herr Landrat!
MAJOR. Moin!
GOLDBAUM. Guten Morgen!
SANITÄTSRAT. Mahlzeit!

Ausschnitt aus: Arno Holz und Oskar Jerschke: Traumulus.
Eine tragische Komödie in 5 Akten, Erstausgabe 1905.

Der Mittagsgruß „Mahlzeit“ ist für die meisten Menschen mit Büros von Unternehmen verbunden, mehr aber noch mit den Fluren von Ämtern und Verwaltungen. Für das Empfinden vieler „riecht“ dieser Gruß geradezu nach gebohnerten Linoleumfußböden ihrer Kindheit, über die Beamte gingen und Gummibäume mit Gießkannen gossen. Das wird häufig als die Urheimat von „Mahlzeit“ angesehen. In Einzelhandel, Handwerk und Landwirtschaft scheint „Mahlzeit“ auch gebräuchlich, aber seltener zu sein, doch in Nordfriesland wird „Mahlzeit“ und eher noch plattdeutsch Mohltied im Handwerk offenbar weit mehr genutzt als in anderen Gegenden, vor allem auf dem Bau, bei Maurern und Zimmerleuten.

„Mahlzeit“ ist auch bekannt als ein frotzelnder Gruß am Morgen, wenn man sich bei der Arbeit verspätet hat. Dem Zuspätkommenden wird dabei von den Kollegen – oder gar vom Chef – mit vorwurfsvollem Unterton bedeutet, dass es bereits (fast) Mittag sei, auch wenn es sich vielleicht nur um wenige Minuten Verspätung handelt. Vielleicht auch deshalb hat der Gruß „Mahlzeit“ viele Feinde, das Internet ist voll von Mahlzeit-Hassern, die so nicht gegrüßt werden wollen und schon gar nicht selbst das Wort in den Mund nehmen. Ganz besonders anstößig gilt „Mahlzeit“ beim Gruß auf der Toilette, und es gibt bereits Firmen, die ihre Mitarbeiter auffordern, ganz auf den Gruß „Mahlzeit“ zu verzichten. Auch Benimm-Ratgeber brandmarken das deftige „Mahlzeit“ zunehmend. Es gilt vielen als nervig, hemdsärmelig und rückständig. Für andere wiederum gehört es zum Büro wie der Kaffeebecher und das Telefon.

Diesen Artikel online lesen oder Print-Ausgabe bestellen


Claas Riecken,
Nordfriisk Instituut Bräist/Bredstedt