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Was Bibliotheken vom Landesverband erwarten – und was er ihnen bedeutet

Verlässlichkeit, Vernetzung, Veränderung

Auch der Fahrdienst gehört zu den zentralen Dienstleistungen.Bild: Jens Sauerbrey

Verlässliche Förderung, fachliche Rückendeckung, zentrale Dienstleistungen – der Landesverband Bibliotheken SH e.V. ist für die öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein weit mehr als nur ein organisatorisches Dach. Er ist Impulsgeber, Partner und Interessenvertretung in einem zunehmend herausfordernden Umfeld. Doch während sich die Bibliotheken transformieren, steigen auch die Erwartungen an ihre Infrastruktur.

Mit der durch Kostendruck und überfällige Reformen beförderten Gründung des Büchereivereins 1995 wurde die Struktur des öffentlichen Bibliothekswesens auf ein solides, bis heute tragendes Fundament gestellt: Ressourcen und Verantwortlichkeiten wurden in zentralen Diensten gebündelt und die Förderkriterien in den Landesteilen Schleswig und Holstein angeglichen.

Für die öffentlichen Bibliotheken ist der 2025 in Landesverband Bibliotheken SH e.V. umbenannte Verein ein unverzichtbarer Partner, der ihre Arbeit nach innen und außen unterstützt und in finanziell wie politisch herausfordernden Zeiten ein starker Fürsprecher für moderne öffentliche Bibliotheken und ihre auskömmliche finanzielle und personelle Ausstattung ist. Zugleich trägt er maßgeblich zur Weiterentwicklung der Bibliotheken bei durch die zentralen Dienstleistungen, das dichte Netz von Fahrbibliotheken, die Büchereivertragsstruktur und die auf Leistungszahlen beruhenden Förderrichtlinien. Gerade diese Struktur mit Landesverband, Kommunen und meist auch Landkreisen als Vertragspartnern ermöglichte es den schleswig-holsteinischen Bibliotheken bisher, verlässlich und berechenbar ihre Medienangebote und Dienstleistungen zu entwickeln.
In den prekären Haushaltsjahren der 1990er und 2010er Jahre gelang es dem Landesverband, durch kontinuierliches Wirken auf die Vertragspartner und in die Politik sowie durch Kooperationen mit dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv), dem Berufsverband Information Bibliothek e.V. (BIB) und dem Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VdB) bei Formaten wie den legendären „Kieler Runden“ die Bedeutung der Bibliotheken für die Gesellschaft immer wieder ins Bewusstsein zu bringen. Zugleich nahm und nimmt er seine Vertragspartner in die Pflicht mit Rahmenbedingungen, die für den Erhalt der Förderung lokal zu erbringen sind. Wer in öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein arbeitet und den fachlichen Blick auf andere Bundesländer wirft, kennt die zum Teil dort sehr heterogenen Strukturen und je nach Ort und Haushaltslage zuweilen überaus volatilen finanziellen Rahmenbedingungen und weiß die durch den Landesverband Bibliotheken SH und seine Vertragspartner ermöglichten verlässlichen Strukturen sehr zu schätzen.

Auch wenn das schleswig-holsteinische Bibliotheksgesetz von 2016 noch nicht das Zauberwort „Pflichtaufgabe“ enthält, zeigt die Verankerung des Verbandes darin doch die Bedeutung, die er sich über die Jahre erarbeitet hat.

Der Landesverband Bibliotheken SH heute

Die von ihm getragene Fachstelle Bibliotheken SH (vormals Büchereizentrale Schleswig-Holstein) erbringt eine Reihe unverzichtbarer zentraler Dienstleistungen: Lektorat und Medienbearbeitung sowie der in dieser Form wohl bundesweit einmalige Leihverkehr ermöglichen den Bibliotheken im Land eine überaus effiziente und weitgehend standardisierte Erfüllung klassischer Aufgaben. Zugleich koordiniert Bibliotheken SH Arbeitsgruppen und Fortbildungen und greift dabei aktuelle Entwicklungen wie die EDV-Einführung in den 1990ern, virtuelle Medien in den 2010er Jahren oder aktuell die Themen Open Library und Dritter Ort auf. Ohne die damalige Büchereizentrale als Konsortialgeber wären die Onleihe zwischen den Meeren und andere Angebote in dieser Qualität und Größe niemals flächendeckend möglich und bezahlbar gewesen. Bibliotheken SH berät in verschiedenen fachlichen Themen und Einrichtungsfragen und hat ein beeindruckendes Fortbildungsprogramm etabliert, das den Bibliotheken wichtige Impulse vermittelt und sie stark macht für Veränderungen. Über Bibliotheksleitungskonferenzen und den als beratendes Gremium dem Vorstand des Landesverbandes zur Seite stehenden Fachbeirat wird die Kollegenschaft in Veränderungsprozesse eingebunden. Die Fachstelle trägt zur Vernetzung und dem Austausch von Wissen maßgeblich und in einer Weise bei, die das Miteinander fördert und die Identifizierung ihrer Mitarbeitenden mit einem zwar nicht de jure bestehenden, aber faktisch so empfundenen Bibliothekssystem Schleswig-Holstein stärkt.

Zeiten der Veränderung

Nur wer sich ändert, bleibt sich treu: Mit dem neuen Haus in der Alter Kieler Landstraße 99 in Rendsburg und der Umbenennung in Landesverband Bibliotheken SH e.V. stellt sich der Verein neu auf. In Anbetracht des derzeitigen Transformationsprozesses öffentlicher Bibliotheken und sich abzeichnender Herausforderungen ist das eine gute Entscheidung: Die aktuellen politischen Zeitläufte werden auf mittlere und lange Sicht die finanziellen Handlungsspielräume öffentlicher Verwaltungen und damit auch der von ihnen getragenen Bibliotheken erheblich strapazieren. Zugleich wachsen die an die öffentlichen Bibliotheken gestellten Erwartungen.

Während der Fachkräftemangel bereits spürbar ist, die Bedeutung der klassischen Kernaufgaben wie der Ausleihe sinkt, zeigen sich aber auch Chancen. Die weitere Automatisierung der Betriebsabläufe kann personelle Ressourcen freisetzen nicht nur für die Leseförderung, sondern auch für die in unseren gefährdeten Demokratien wichtige Ausbildung von Medien-, Informations- und Digitalkompetenzen. Gleichzeitig transformieren sich Bibliotheken immer mehr zu lebendigen Orten des Austauschs, der Bildung, der kulturellen Teilhabe und haben mit der Open-Library-Technologie Möglichkeiten, ihre Räume auch ohne Personal als konsumfreie, niedrigschwellig zugängliche Orte zu öffnen und zugleich ihre Besuchenden serendipitär zur Auseinandersetzung mit wichtigen gesellschaftlichen Themen der Zeit einzuladen.

Welche Erwartungen haben die Bibliotheken gegenüber dem Landesverband Bibliotheken SH?

Wer neu in Schleswig-Holstein und vielleicht gar in leitender Funktion anfängt, entdeckt eine komplexe Struktur, die nicht leicht zu durchschauen ist: Da gibt es die Förder- und Vertragsstrukturen, Dienstleistungen wie Medienshop, Lektorat, Fortbildungen oder die Einrichtungsabteilung. Es gibt Kooperations- und Beteiligungsformate wie die Bibliotheksleitungskonferenz, Mitgliederversammlung, Arbeitsgruppen, den Fachbeirat und Veranstaltungsformate vom Themenraum bis zu den Kinder- und Jugendbuchwochen. Ein kurzes Onboarding wäre hier hilfreich, all die Möglichkeiten aufzuzeigen, die es in Schleswig-Holstein gibt und die dieses System neben der Offenheit aller Akteure bezüglich Informationsaustausch, Unterstützung und Fragen auszeichnet.

Im breiten Fortbildungsprogramm wären neben bestehenden Formaten und aktuellen Events (wie SHBibCamp oder Open-Library-Messe im Jahr 2025) auch Fortbildungen für ganze Teams denkbar und wünschenswert, um bei den anstehenden Veränderungen – ob Open Library, KI oder Dritter Ort – alle gut mitnehmen zu können und für neue, bisher ungewohnte Veranstaltungsformate wie zum Beispiel im medienpädagogischen Bereich oder in der Demokratiebildung kompetent zu werden. Auch zentrale, gegebenenfalls kooperativ erarbeitete Checklisten oder offene Austauschformate zu aktuellen Themen könnten hilfreich sein.

Das allein wird aber nicht reichen, um die Bibliotheken hinsichtlich der Qualität ihrer Arbeit und die dafür notwendigen personellen Ressourcen gut aufzustellen. Für viele Mitarbeitende und auch aus Sicht von Verbänden wie dem Berufsverband Information und Bibliothek, für den sich der Verfasser dieses Beitrags engagiert, wird auch eine faire Bezahlung entscheidend sein in einer Zukunft, in der Arbeitskräfte Mangelware sind: Hier wäre dem Landesverband Bibliotheken SH trotz aller Sachzwänge der Mut zu wünschen, Position zu beziehen und dazu beizutragen, dass in einem höhere Anforderungen stellenden Arbeitsumfeld auch entsprechende Einkommen erzielbar sind. Auch das sich verändernde Berufsfeld mit mittlerweile breit ausgebildeten, potentiell auch für Leitungen geeigneten FaMis, klassisch studierten bibliothekarischen Kräften, medienpädagogisch geschulten sowie quereinsteigenden Mitarbeitenden sollte im Fokus des Landesverbandes und seiner Mitglieder sein.

Der Landesverband und seine Fachstelle könnten noch stärker als koordinierende Instanz agieren, in der sich Bedarfe und Ideen der Bibliotheken bündeln. Durch zentrale, gemeinsam nutzbare Ressourcen – etwa Sammlungen potenzieller Veranstaltungspartner, Fördermittelinformationen oder Erfahrungsberichte – könnten Doppelarbeit vermieden und vorhandene Energien effizienter eingesetzt werden. Auch in der flächendeckenden Einführung von Open Libraries wäre dem Landesverband eine stärkere Rolle zu wünschen: Was spricht etwa dagegen, solche systemverändernden Entwicklungen etwa mit dem seinerzeit beim Bibliothekgesetz verwendeten Werkzeug der Regionalkonferenz stärker in die Fläche zu tragen?

Viele von uns sehen derzeit konsterniert die prekären 1990er und 2000er Jahre anklopfen mit ihren Einspar- und Privatisierungsdiskussionen. Hier wäre verstärktes Marketing nicht nur lokal oder bezüglich neuer Nutzergruppen und Kooperationspartner, sondern auch auf Landesebene von zentraler Bedeutung für die Sichtbarkeit der Bibliotheken in Politik und Gesellschaft. Der Bedeutung effizienter Steuerung und strategischen Handelns könnte auch eine landesweit ausgerollte Medienkampagne zur Seite springen: Sie könnte dabei helfen, neue Zielgruppen jenseits des klassischen Bildungsbürgertums anzusprechen, und die tatsächliche und potenzielle gesellschaftliche Relevanz von Bibliotheken in Schleswig-Holstein stärker in den Fokus rücken.

Auch die neuen, in der Umsetzung befindlichen Förderstrukturen können ihren Teil dazu leisten, die öffentlichen Bibliotheken zugleich finanziell abzusichern und im Transformationsprozess zu „Dritten Orten“ zu unterstützen.
In diesem Zusammenhang wäre es auch ein wichtiges Signal, wenn der Landesverband sich künftig verstärkt für einheitliche Zugangsmöglichkeiten einsetzen würde – konkret durch den Abbau von Nutzungsgebühren und durch die Einführung eines landesweit gültigen Leseausweises, der unabhängig vom Wohnort den Zugang zu – wünschenswerterweise sämtlich auf Open Library umgestellten – Bibliotheken ermöglicht. Das würde nicht nur soziale Teilhabe stärken, sondern auch das Verständnis von Bibliotheken als öffentliche Grundversorgung unterstreichen. Und natürlich bedarf auch das schleswig-holsteinische Bibliotheksgesetz einer stetigen Weiterentwicklung unter Beteiligung aller Akteure – bis hin zur Verankerung des berühmten Wortes „Pflichtaufgabe“.

Wir als öffentliche Bibliotheken sehen den Landesverband Bibliotheken SH in entscheidender Funktion: als Sprachrohr für unsere Interessen, als Innovator neuer Konzepte und als Garant für eine flächendeckende Bibliotheksversorgung. Die Bibliothek der Zukunft ist hybrid und inklusiv, nachhaltig, offen und vernetzt sowie qualitativ hochwertig in Personal, Ausstattung und Veranstaltungsarbeit. Wir sind zuversichtlich, dass der Landesverband Bibliotheken SH uns auch in den kommenden Jahrzehnten auf diesem Weg begleitet, unterstützt und motiviert – zugleich aber auch die Impulse aus Politik, Verwaltung und Fachcommunity gleichermaßen aufnimmt und gemeinsam zu neuen Angeboten entwickelt.

 

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Jens A. Geissler
Jens A. Geißler (*1966 Hamburg). 1990-1995 Bibliotheks- und Informationsmanagement (Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg) 1995-1997 Stadtbücherei Kiel 1997-heute Leitung Stadtbibliothek Bad Oldesloe seit 2016 Vorsitz Landesgruppe Schleswig-Holstein des BIB seit 2020 Mitglied Länderausschuss Sektion 3A des DBV seit 2022 Sprecher Fachbeirat Landesverband Bibliotheken SH e.V. .

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