Auf Schloss Gottorf waltet eine besondere Symbiose: Der Freundeskreis ist eine zentrale Stütze, ohne die viele Projekte, Ankäufe und Ausstellungen für das Museum kaum möglich wären. „Gerade bei größeren Projekten ist die enge Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis unerlässlich“, sagt Museumsdirektor Thorsten Sadowsky. Insbesondere Ankäufe zur Erweiterung der eigenen Sammlung wären ohne den Freundeskreis finanziell nicht stemmbar. Doch der Freundeskreis ist mehr als nur Mittelbeschaffer. „Unser Verhältnis ist ausgesprochen freundschaftlich. Wir unterstützen das Museum in allen Bereichen und arbeiten vertrauensvoll zusammen“, erklärt die Vorsitzende des Freundeskreises Gabriele Wachholtz. „Unsere Mitglieder sehen das Museum als ihre kulturelle Heimat, als einen Ort, an dem sie sich mit Gleichgesinnten treffen und austauschen können.“
Freundeskreis und Förderkultur
Im Jahr 2018 würdigte die Ausstellung „Beste Freunde“ bereits das Engagement des Vereins, indem sie Werke aus der Sammlung des Museums zeigte, deren Anschaffung durch den Freundeskreis finanziert wurde. Im damals erschienenen Katalog geben Thomas Gädeke und Carsten Fleischhauer Einblick in die Geschichte von Verein und Museum: Als nach dem 2. Weltkrieg das Landesmuseum nach Schleswig kam, war eine der ersten Amtshandlungen des damaligen Direktors Ernst Schlee die Initiative zur Gründung des „Vereins zur Förderung des Landesmuseums”. Schlee schuf sich so eine „zusätzliche Schatulle“, um Kunstwerke und Zeugnisse der schleswig-holsteinischen Kulturgeschichte zu erwerben. Lange blieb der Verein eher unscheinbares, aber wirkungsvolles Instrument der Museumsleitung. Erst in den 1980er Jahren änderten der damalige Direktor Heinz Spielmann und Gerd Lausen, damaliger Vereinsvorsitzender, die Strategie: Der Verein sollte sichtbarer werden, sich zur Gesellschaft hin öffnen und eine möglichst hohe Mitgliederzahl anstreben. Inzwischen zählt er über 1.800 Mitgliedschaften. „Wir haben uns mit der Zeit breiter aufgestellt“, erläutert Gabriele Wachholtz. Die Unternehmerin übernahm den Vorsitz im Jahr 2009 mit dem Ziel, aus den Vereinsmitgliedern eine Gemeinschaft zu formen: „Für uns ist es wichtig, dass sich die Mitglieder dem Museum und dem Verein verbunden fühlen“, so die Vorsitzende. Diese Bindung wird nicht nur durch Beiträge und Ankäufe gestärkt, sondern durch ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm, das die Mitglieder regelmäßig auf Exkursionen und mehrtägige Reisen führt. Auch Previews zu aktuellen Ausstellungen und Atelierbesuche gehören dazu. „Ob Tagesausflug, Sommerfest oder Weihnachtsfeier – wir möchten, dass unsere Mitglieder spüren, dass sie hier Teil einer besonderen Gemeinschaft sind“, betont die Vorsitzende.
Von Cragg bis Christo
Finanziell ist der Freundeskreis für das Museum unverzichtbar. Ohne eigenes Budget für Ankäufe kann das Landesmuseum auf Schloss Gottorf große Projekte nur mit Unterstützung des Freundeskreises realisieren. Ein bedeutendes Beispiel hierfür ist der Ankauf der Skulptur 3D-Incident von Tony Cragg im Jahr 2018, das durch den Förderverein und die sogenannte Gottorfer Runde finanziert wurde, ein Netzwerk aus Unternehmen und Privatpersonen. „Durch diese Gemeinschaft konnten wir das Werk für unsere Sammlung gewinnen“, berichtet Gabriele Wachholtz stolz.
„Unsere Mitglieder sehen das Museum
Gabriele Wachholtz, Vorsitzende des Freundeskreis Schloss Gottorf e. V.
als ihre kulturelle Heimat, als einen Ort,
an dem sie sich mit Gleichgesinnten
treffen und austauschen können.“
Ein weiterer Höhepunkt der vergangenen Jahre war die Ausstellung Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos, die das Museum mit der Unterstützung des Freundeskreises 2023 umsetzen konnte. Diese Schau war ein Publikumsmagnet und spiegelte die Bereitschaft des Museums wider, auch bedeutende zeitgenössische Künstler nach Schleswig-Holstein zu bringen. Thorsten Sadowsky betont die Bedeutung solcher Projekte: „Die Christo-Ausstellung hat gezeigt, wie wichtig es ist, zeitgenössische Diskurse abzubilden und auch international bekannte Künstler zu präsentieren.“ Auch die darauf folgende Ausstellung Le Château des Valkyries der portugiesischen Künstlerin Joana Vasconcelos wurde maßgeblich vom Freundeskreis unterstützt. Sie markierte einen weiteren Schritt, das Museum im Bereich der Gegenwartskunst zu profilieren. „Unser Publikum ist außerordentlich begeistert und auch die Medienresonanz war sehr gut und weitaus stärker, als wir dies gewöhnt sind“, so Sadowsky über die Resonanz der Ausstellung. „Es wird auch gewürdigt, dass eine Künstlerin mit dezidiert feministischem Selbstverständnis auf Schloss Gottorf gezeigt wird; das hat es hier zuvor in der Form noch nicht gegeben.“ Als die Ausstellung im November 2024 endete, hatten sie mehr als 45.000 Menschen gesehen – Besucherrekord.
Verflechtungen von Land und Welt, Geschichte und Gegenwart
Und die Landesgeschichte? Als Landesmuseum trägt Schloss Gottorf schließlich eine besondere Verantwortung. „Wir möchten unseren Besuchern die Möglichkeit geben, sich mit der Geschichte und den Fragestellungen der Gegenwart auseinanderzusetzen“, erklärt der Direktor. „Unsere Ausstellungen und Sammlungen spiegeln die vielfältigen kulturellen Strömungen wider, die Schleswig-Holstein geprägt haben.“
Dabei wird ein breiter Raum für aktuelle Themen geschaffen – die oftmals eng mit der Geschichte verwoben sind. Das zeigt zum Beispiel das Thema Kolonialismus, dessen Spuren auch die Geschichte Schleswig-Holsteins durchziehen. „Wir wollen Schloss Gottorf als einen Ort der Auseinandersetzung und des Dialogs positionieren“, betont der Sadowsky. Das Schloss sei ein idealer Ort dafür: „Schloss Gottorf war ein Zentrum der Barockkultur, und die barocke Tradition der ‚curiositas‘, der Neugierde, setzen wir fort“, so der Direktor. Ein herausragendes Beispiel für diese Tradition sei der Gottorfer Hofgelehrte Adam Olearius gewesen, der den Gottorfer Globus entwarf – das erste Planetarium der Welt – und Forschungsreisen bis ins persische Isfahan unternahm.
„Der Freundeskreis schafft eine
Thorsten Sadowsky, wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Verbindung in die Gesellschaft,
die das Museum nicht allein
herstellen könnte“
und Direktor des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte auf Schloss Gottorf.
Masterplan und Modernisierung
Nicht ideal ist das barocke Schloss hingegen als Museumsbau. Mit dem sogenannten Masterplan soll sich das gerade ändern: Der Plan sieht eine Neugestaltung des Museums vor, um es den Anforderungen eines modernen Museumsbetriebs anzupassen. Die Kosten werden größtenteils von Bund und Land getragen, doch auch hier ist der Freundeskreis wieder eine zentrale Stütze und hat eine finanzielle Beteiligung von 500.000 Euro zugesagt. „Wir wollen ein Zeichen der bürgerschaftlichen Unterstützung setzen“, erklärt Gabriele Wachholtz „Diese finanzielle Beteiligung zeigt, dass der Umbau von den Bürgern getragen wird.“
Auch während der Bauphase will das Museum seine Mitglieder auf besondere Weise einbinden. Sobald der erste Bagger anrollt, soll jedes Mitglied einen kleinen symbolischen Bauhelm erhalten. „Wir wollen, dass die Mitglieder spüren, dass sie Teil dieses Prozesses sind“, erläutert Wachholtz.
Vom Schloss zum offenen Haus
Neben den baulichen Maßnahmen des Masterplans, die unter anderem Barrierefreiheit herstellen sollen, wird in Gottorf auch an einer neuen Museumskultur gebaut. „In Deutschland haben Landesmuseen oft eine behördliche Anmutung“, sagt Thorsten Sadowsky. „Das möchten wir hier auf Schloss Gottorf aufbrechen und eine Umgebung schaffen, in der sich die Menschen willkommen fühlen.“ Dafür lohne der Blick zu unseren nördlichen Nachbarn. Das Kunstmuseum Louisiana nahe Kopenhagen zum Beispiel schaffe eine offene und einladende Atmosphäre. Für Gottorfs Transformation hat Thorsten Sadowsky einiges an Erfahrung mitgebracht. Er arbeitete selbst lange in Dänemark, unter anderem im Museum Trapholt in Kolding und als Direktor der Kunsthalle Aarhus, bevor er 2009 Gründungsdirektor des Museums Kunst der Westküste auf Föhr wurde. Nach Stationen als Direktor des Kirchner Museums in Davos und des Museums der Moderne Salzburg kam er 2022 nach Schleswig.
Welche Rolle spielt der Freundeskreis für die Transformation? Die Antwort liegt in seiner gesellschaftlichen Verankerung: „Der Freundeskreis schafft eine Verbindung in die Gesellschaft, die das Museum nicht allein herstellen könnte“, so der Direktor. Für ein Museum ist diese Verbindung existenziell, um seinen Auftrag zu erfüllen. Die Unterstützung durch den Freundeskreis geht also weit über die finanzielle Komponente hinaus. Auch für die Mitglieder geht es nicht nur um den freien Eintritt in die Landesmuseen, sondern vor allem um ein Grundgefühl der Zugehörigkeit und der kulturellen Verantwortung.
Das Museum und sein Freundeskreis – eine nun schon 75-Jahre andauernde Partnerschaft, die wie ein lebendiger Organismus wächst und sich entwickelt, eine symbiotische Beziehung, in der beide gemeinsam daran arbeiten, Kultur für die Gemeinschaft lebendig zu halten und für die Zukunft zu bewahren.