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Februar

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Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit
Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit, unerreichbar, aber dennoch erstrebenswert? Welche Auswirkungen hätte ein solches Streben auf die materielle und immaterielle Gestaltung unseres Alltags, auf die Wirtschafts- und Sozialordnung, auf unseren Glauben und auf die Art, wie wir miteinander umgehen? Und welche Vorbilder lassen sich für ein solches Leben in Gegenwart und Geschichte finden? Diese Fragen stellt die Schule der Folgenlosigkeit, ein künstlerisch-diskursives Projekt von Friedrich von Borries im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Von Borries verknüpft Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten „Selbstlernraum“ so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden. Besucher*innen können hier im Selbstversuch Entscheidungen abgeben, ihre Hände in Unschuld waschen oder sich im Nichts-Tun üben. Ein digitales Begleit- und Diskursprogramm in Form einer App sowie das Stipendium für Nichtstun ergänzen das Projekt.
Im Rahmen der Ausstellung wird das Stipendium für Nichtstun vergeben, deren Bewerber*innen in der Ausstellung gezeigt werden. Ein diskursive Bildungsprogramm in Form einer App ergänzt das Projekt.
Der Selbstlernraum in der ehemaligen Aula des MK&G ist der zentrale Ort der Schule der Folgenlosigkeit. In dieser raumgreifenden Installation erproben sich Besucher*innen spielerisch in möglicher Folgenlosigkeit – und konfrontieren sich mit den daraus erwachsenden Konsequenzen. In abwechslungsreichen Übungen wie Entscheidung abgeben, Sorge tragen oder Nichts-Tun liefern sie sich dem Zufall am Glücksrad aus, waschen ihre Hände in Unschuld oder üben sich im Warten. Das Schaudepot zeigt ausgewählte Objekte aus dem MK&G, die als Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände einer nach Folgenlosigkeit strebenden Gesellschaft verstanden werden können. So zeugen etwa Astragale (aus Schafsknochen gefertigte Spielsteine) davon, wie im antiken Griechenland der Zufall in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wurde. Indonesische Amulette aus dem 19. Jahrhundert sollen vor Kontakt mit sogenannten Dschinen schützen: Diese unsichtbaren Wesen können, so die magisch-religiöse Vorstellung, durch menschliches Handeln Schaden nehmen und Rache suchen. Interventionen in die bestehenden Sammlungspräsentationen des MK&G eröffnen weitere Perspektiven auf historische Vorläufer eines folgenlosen Lebens. So wird beispielsweise an einer chinesischen Tee-schale mit Goldlack-Reparatur (12./13. Jahrhundert) im Bereich Ostasien gezeigt, dass Zerstörung nicht immer negative Folgen haben muss. Die japanische kintsugi-Technik entfaltet eine ganz eigene Ästhetik, die den Wert des wiederhergestellten Objektes sogar steigern kann.
Die Schule der Folgenlosigkeit schreibt außerdem ein „Stipendium für Nichtstun“ aus. Für die drei zu vergebenden Stipendien, die jeweils mit 1.600 Euro dotiert sind, können sich alle Interessierten ab sofort bis zum 15. September 2020 bewerben. Die Entscheidung der Jury, der u.a. der Philosoph Armen Avanessian (bekannt durch seine Theorie der Beschleunigung) angehört, wird zum Beginn der Ausstellung verkündet. Weitere Informationen unter www.hfbk-hamburg.de.
Die politischen, technischen, ökonomischen und ästhetischen Dimensionen von Folgenlosigkeit mitsamt ihrer Ambivalenz und Widersprüchlichkeit werden von Friedrich von Borries und dem österreichischen Filmemacher Jakob Brossmann in begleitenden Filmen reflektiert. Eine vom Berliner Künstlerkollektiv Refrakt entwickelte App führt in Form eines Spiels durch die Ausstellung und stellt Exponate und Übungen vor. Darüber hinaus hält sie vertiefende Inhalte wie Filmbeiträge oder Expert*inneninterviews zur Ausstellung bereit.
Friedrich von Borries (*1974) ist Architekt und seit 2009 Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Sein Berliner Projektbüro Friedrich von Borries agiert im Spannungsfeld von Architektur, Design, Kunst und Stadtentwicklung. 2010 kuratierte er die Ausstellung Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe im MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit ist eine Initiative der HFBK Hamburg in Kooperation mit dem MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit wird gefördert durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg (BWFGB), die Hamburg Open Online University (HOOU), die Friede Springer Stiftung, die Kursbuch Kulturstiftung sowie die Leinemann Kunststiftung Nikolassee und unterstützt von der Hamburg Innovation GmbH. Weitere Partnerinnen sind die Katholische Akademie Hamburg sowie die Evangelische Akademie der Nordkirche.
Bild: Schule der Folgenlosigkeit, Filmstill, © Jakob Brossmann
Zeit
November 6 (Freitag) 0:00 - Mai 9 (Sonntag) 18:00

Details
Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19.
Details
Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19. Jahrhunderts bis zur Hippie- und Hausbesetzungs-Szene der 1970er – vor. Ideen aus einem Konzeptfindungsverfahren der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) zeigen, wie auch bestehende Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an die Bedürfnisse der Menschen heute angepasst werden können.
Wohnraum ist eine knappe Ressource – das wird in den letzten Jahren immer deutlicher. Die Immobilienpreise in den Metropolen steigen und klassische Konzepte des Wohnungsbaus können dem Bedarf nicht mehr gerecht werden. Diese Herausforderungen haben eine stille Revolution in der zeitgenössischen Architektur ausgelöst: das Bauen und Wohnen im Kollektiv. TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT ist die erste Ausstellung, die dieses Thema umfassend beleuchtet und räumlich erfahrbar macht. Anhand von Modellen, Filmen und einer Cluster-Wohnung im Maßstab 1:1 präsentiert die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) eine Vielzahl von Beispielen aus Europa, Asien und den USA. Historische Vorläufer veranschaulichen zugleich die Geschichte der gemeinschaftlichen Architektur – von den Reformideen des 19. Jahrhunderts bis hin zur Hippie- und Hausbesetzer*innenszene, die mit dem Slogan „Make love, not lofts“ antrat. Die Kurator*innen Ilka und Andreas Ruby erweitern im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) die bestehende Ausstellung des Vitra Design Museums um einen zusätzlichen Teil, der sich mit der Situation des genossenschaftlichen Wohnens in Hamburg auseinandersetzt. Präsentiert werden Ergebnisse des Konzeptfindungsverfahrens „Wohnen – und was noch?“ und Ideen, wie genossenschaftliche Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an heutige Bedürfnisse angepasst werden können.
Die Ausstellung beginnt mit einem Blick auf die Geschichte sozialer Wohnideale, die zumeist aus einem Protest gegen bestehende Verhältnisse entstanden sind. Dies unterstreicht eine Inszenierung, die Bezug auf die gesellschaftliche Brisanz des Themas nimmt: Filme zeigen historische Protestbewegungen für Wohnraum, während Transparente über die damals entwickelten Lösungsansätze informieren. Unter den gezeigten Beispielen sind die Phalanstères von Charles Fourier (1772–1837), die Ende des 19. Jahrhunderts im Tessin entstandene Kolonie Monte Verità, die Wohngenossenschaften der 1920er Jahre, aber auch die Freistadt Christiania in Kopenhagen oder die Genossenschaft Karthago in Zürich. Die gesellschaftspolitischen Hintergründe dieser Projekte machen die Aktualität der Ideen verständlich: Auch heute befindet sich die Gesellschaft im Umbruch, weil immer mehr Menschen anders als in klassischen Familienstrukturen leben – ob als Paar, Alleinerziehende, Singles oder alleinlebende ältere Menschen. Für viele ist das Leben in Gemeinschaft eine vielversprechende Alternative, die soziale Kontakte fördert und Kosten senkt.
Eine Installation aus 21 großformatigen Modellen heutiger Wohnbauprojekte bildet den zweiten Bereich der Ausstellung. Die gezeigten Beispiele stammen unter anderem aus Berlin, Zürich, Los Angeles, Tokio und Wien; unter den Architekt*innen sind einszueins architektur, das ifau – Institut für angewandte Urbanistik, Jesko Fezer und Heide & von Beckerath, Michael Maltzan Architecture, ON design partners, pool Architekten und Ryue Nishizawa. Der detaillierte Blick auf die einzelnen Projekte zeigt, dass die neuen gemeinschaftlichen Wohnbauten auch eine durchweg innovative Herangehensweise an Volumen, Fassaden und Materialien mit sich bringen: Aus den besonderen Anforderungen und begrenzten Mitteln entsteht eine eigene Ästhetik. Die Präsentation der Modelle als imaginäre Stadt veranschaulicht zudem, dass Stadt und Wohnraum, Öffentlichkeit und Privatsphäre in vielen gezeigten Projekten nicht mehr klar getrennt, sondern auf neue Weise miteinander verwoben sind.
Was das konkret bedeutet, erfahren die Besucher*innen, wenn sie im dritten Ausstellungsbereich das 1:1-Modell einer sogenannten Clusterwohnung betreten und gemeinschaftliche Bereiche sowie private Räume durchstreifen. Grundrisse und Hintergrundinformationen zeigen, wie das neue Wohnen in Gemeinschaft umgesetzt wird. Ergänzt wird der Nachbau durch Fotografien von Daniel Burchard. Er hat acht Projekte in mehreren Ländern besucht und die neue Form des Zusammenlebens für die Ausstellung dokumentiert. Dabei wird deutlich, dass viele der neuen Wohnkollektive auch deshalb ein Labor gesellschaftlicher Entwicklungen sind, weil sie neue Verbindungen von Wohnen und Arbeiten erproben, die erst dank der Digitalisierung möglich geworden sind.
Aber wie funktioniert die neue Architektur der Gemeinschaft ökonomisch, welche Herausforderungen stellt sie im Alltag und wie lässt sie sich praktisch realisieren? In einem in die Ausstellung integrierten Co-Working Space werden diese Fragen anhand von fünf Projekten erläutert: die Sargfabrik in Wien, das Zwicky-Süd in Zürich, La Borda in Barcelona, R50 in Berlin und die Apartments with a Small Restaurant in Tokio. Die Gestaltung dieses Bereichs als Arbeitsraum zeigt, dass die neue Verflechtung vieler Projekte mit dem öffentlichen Leben auch neue Finanzierungsmöglichkeiten bietet: So widmet das Zürcher Projekt Kalkbreite die Hälfte seiner Fläche Gewerbefunktionen und umfasst neben öffentlichen Einrichtungen wie einem Kino, einem verpackungsfreien Supermarkt, Restaurants und Cafés, Arztpraxen und diversen Büroflächen auch einen frei zugänglichen Innenhof mit Kinderspielplätzen.
Projekte wie die Kalkbreite beweisen überdies, dass gemeinschaftliche Wohnmodelle sich heute nicht nur erfolgreich im kommerziellen Wohnungsmarkt behaupten, sondern ihn darüber hinaus auch positiv verändern können. Sie sind Teil der so genannten „sharing economy“, die die Rolle des Eigentums grundlegend neu definiert, während soziale Bottom Up-Bewegungen wie Occupy solche Ideale in der politischen Landschaft verankern. Die Ausstellung zeigt den Einfluss dieser Entwicklungen auf die Art, wie die Bewohner*innen und Architekt*innen heute gemeinsam neue Formen des Zusammenlebens entwickeln – nicht als ein Produkt rein individueller Bedürfnisse, sondern als eine Antwort auf eine zentrale Frage unserer Zeit: Wie wollen wir in Zukunft miteinander wohnen?
TEILNEHMENDE ARCHITEKT*INNEN
Dorte Mandrup Arkitekter (DK), CASA Architecten und Vrijburcht Stichting (NL), ifau und Jesko Fezer/Heide von Beckerath (DE), Hütten und Paläste Architekten (DE), Naruse Inokuma Architects (JP), Naka Architects’ Studio (JP), Studio mnm (JP), Osamu Nishida und Erika Nakagawa (JP), Ryue Nishizawa (JP), ON design partners (JP), Jinhee Park, SsD (KR), pool Architektur ZT (AT), gaupenraub +/- (AT), einszueins architektur (AT), Buol & Zünd (CH), Beat Rothen Architektur (CH), Müller Sigrist Architekten (CH), pool Architekten (CH), Enzmann Fischer und Partner (CH), Schneider Studer Primas (CH), Lacol Cooperativa d’Arquitectes (ES), BKK-2 (AT), Silvia Carpaneto + fatkoehl architekten + BARarchitekten mit Die Zusammen-arbeiter (DE), Michael Maltzan Architecture (USA), Duplex Architekten (CH), Santiago Cirugeda von Recetas Urbanas (ES), all(zone) (TH).
KATALOG
Begleitend zur Ausstellung ist die Publikation TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT erschienen, Englisch (deutsche Fassung vergriffen), herausgegeben von Mateo Kries, Ilka Ruby, Andreas Ruby, Mathias Müller, Daniel Niggli, mit Bildessays des Fotografen Daniel Burchard und Textbeiträgen von Andreas Hofer, Mateo Kries, Mathias Müller, Daniel Niggli, Ethel Baraona Pohl, Anna Puigjaner, Andreas Ruby, Ilka Ruby, Yuma Shinohara und Robert Temel, Softcover, 23 x 30,2 cm, 352 Seiten, ca. 443 Abbildungen, überwiegend in Farbe, 49,90 €, erhältlich in der Buchhandlung Walther König im MK&G
Zeit
November 20 (Freitag) 11:00 - April 5 (Montag) 19:00
März

Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit
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Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit, unerreichbar, aber dennoch erstrebenswert? Welche Auswirkungen hätte ein solches Streben auf die materielle und immaterielle Gestaltung unseres Alltags, auf die Wirtschafts- und Sozialordnung, auf unseren Glauben und auf die Art, wie wir miteinander umgehen? Und welche Vorbilder lassen sich für ein solches Leben in Gegenwart und Geschichte finden? Diese Fragen stellt die Schule der Folgenlosigkeit, ein künstlerisch-diskursives Projekt von Friedrich von Borries im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Von Borries verknüpft Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten „Selbstlernraum“ so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden. Besucher*innen können hier im Selbstversuch Entscheidungen abgeben, ihre Hände in Unschuld waschen oder sich im Nichts-Tun üben. Ein digitales Begleit- und Diskursprogramm in Form einer App sowie das Stipendium für Nichtstun ergänzen das Projekt.
Im Rahmen der Ausstellung wird das Stipendium für Nichtstun vergeben, deren Bewerber*innen in der Ausstellung gezeigt werden. Ein diskursive Bildungsprogramm in Form einer App ergänzt das Projekt.
Der Selbstlernraum in der ehemaligen Aula des MK&G ist der zentrale Ort der Schule der Folgenlosigkeit. In dieser raumgreifenden Installation erproben sich Besucher*innen spielerisch in möglicher Folgenlosigkeit – und konfrontieren sich mit den daraus erwachsenden Konsequenzen. In abwechslungsreichen Übungen wie Entscheidung abgeben, Sorge tragen oder Nichts-Tun liefern sie sich dem Zufall am Glücksrad aus, waschen ihre Hände in Unschuld oder üben sich im Warten. Das Schaudepot zeigt ausgewählte Objekte aus dem MK&G, die als Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände einer nach Folgenlosigkeit strebenden Gesellschaft verstanden werden können. So zeugen etwa Astragale (aus Schafsknochen gefertigte Spielsteine) davon, wie im antiken Griechenland der Zufall in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wurde. Indonesische Amulette aus dem 19. Jahrhundert sollen vor Kontakt mit sogenannten Dschinen schützen: Diese unsichtbaren Wesen können, so die magisch-religiöse Vorstellung, durch menschliches Handeln Schaden nehmen und Rache suchen. Interventionen in die bestehenden Sammlungspräsentationen des MK&G eröffnen weitere Perspektiven auf historische Vorläufer eines folgenlosen Lebens. So wird beispielsweise an einer chinesischen Tee-schale mit Goldlack-Reparatur (12./13. Jahrhundert) im Bereich Ostasien gezeigt, dass Zerstörung nicht immer negative Folgen haben muss. Die japanische kintsugi-Technik entfaltet eine ganz eigene Ästhetik, die den Wert des wiederhergestellten Objektes sogar steigern kann.
Die Schule der Folgenlosigkeit schreibt außerdem ein „Stipendium für Nichtstun“ aus. Für die drei zu vergebenden Stipendien, die jeweils mit 1.600 Euro dotiert sind, können sich alle Interessierten ab sofort bis zum 15. September 2020 bewerben. Die Entscheidung der Jury, der u.a. der Philosoph Armen Avanessian (bekannt durch seine Theorie der Beschleunigung) angehört, wird zum Beginn der Ausstellung verkündet. Weitere Informationen unter www.hfbk-hamburg.de.
Die politischen, technischen, ökonomischen und ästhetischen Dimensionen von Folgenlosigkeit mitsamt ihrer Ambivalenz und Widersprüchlichkeit werden von Friedrich von Borries und dem österreichischen Filmemacher Jakob Brossmann in begleitenden Filmen reflektiert. Eine vom Berliner Künstlerkollektiv Refrakt entwickelte App führt in Form eines Spiels durch die Ausstellung und stellt Exponate und Übungen vor. Darüber hinaus hält sie vertiefende Inhalte wie Filmbeiträge oder Expert*inneninterviews zur Ausstellung bereit.
Friedrich von Borries (*1974) ist Architekt und seit 2009 Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Sein Berliner Projektbüro Friedrich von Borries agiert im Spannungsfeld von Architektur, Design, Kunst und Stadtentwicklung. 2010 kuratierte er die Ausstellung Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe im MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit ist eine Initiative der HFBK Hamburg in Kooperation mit dem MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit wird gefördert durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg (BWFGB), die Hamburg Open Online University (HOOU), die Friede Springer Stiftung, die Kursbuch Kulturstiftung sowie die Leinemann Kunststiftung Nikolassee und unterstützt von der Hamburg Innovation GmbH. Weitere Partnerinnen sind die Katholische Akademie Hamburg sowie die Evangelische Akademie der Nordkirche.
Bild: Schule der Folgenlosigkeit, Filmstill, © Jakob Brossmann
Zeit
November 6 (Freitag) 0:00 - Mai 9 (Sonntag) 18:00

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Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19.
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Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19. Jahrhunderts bis zur Hippie- und Hausbesetzungs-Szene der 1970er – vor. Ideen aus einem Konzeptfindungsverfahren der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) zeigen, wie auch bestehende Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an die Bedürfnisse der Menschen heute angepasst werden können.
Wohnraum ist eine knappe Ressource – das wird in den letzten Jahren immer deutlicher. Die Immobilienpreise in den Metropolen steigen und klassische Konzepte des Wohnungsbaus können dem Bedarf nicht mehr gerecht werden. Diese Herausforderungen haben eine stille Revolution in der zeitgenössischen Architektur ausgelöst: das Bauen und Wohnen im Kollektiv. TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT ist die erste Ausstellung, die dieses Thema umfassend beleuchtet und räumlich erfahrbar macht. Anhand von Modellen, Filmen und einer Cluster-Wohnung im Maßstab 1:1 präsentiert die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) eine Vielzahl von Beispielen aus Europa, Asien und den USA. Historische Vorläufer veranschaulichen zugleich die Geschichte der gemeinschaftlichen Architektur – von den Reformideen des 19. Jahrhunderts bis hin zur Hippie- und Hausbesetzer*innenszene, die mit dem Slogan „Make love, not lofts“ antrat. Die Kurator*innen Ilka und Andreas Ruby erweitern im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) die bestehende Ausstellung des Vitra Design Museums um einen zusätzlichen Teil, der sich mit der Situation des genossenschaftlichen Wohnens in Hamburg auseinandersetzt. Präsentiert werden Ergebnisse des Konzeptfindungsverfahrens „Wohnen – und was noch?“ und Ideen, wie genossenschaftliche Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an heutige Bedürfnisse angepasst werden können.
Die Ausstellung beginnt mit einem Blick auf die Geschichte sozialer Wohnideale, die zumeist aus einem Protest gegen bestehende Verhältnisse entstanden sind. Dies unterstreicht eine Inszenierung, die Bezug auf die gesellschaftliche Brisanz des Themas nimmt: Filme zeigen historische Protestbewegungen für Wohnraum, während Transparente über die damals entwickelten Lösungsansätze informieren. Unter den gezeigten Beispielen sind die Phalanstères von Charles Fourier (1772–1837), die Ende des 19. Jahrhunderts im Tessin entstandene Kolonie Monte Verità, die Wohngenossenschaften der 1920er Jahre, aber auch die Freistadt Christiania in Kopenhagen oder die Genossenschaft Karthago in Zürich. Die gesellschaftspolitischen Hintergründe dieser Projekte machen die Aktualität der Ideen verständlich: Auch heute befindet sich die Gesellschaft im Umbruch, weil immer mehr Menschen anders als in klassischen Familienstrukturen leben – ob als Paar, Alleinerziehende, Singles oder alleinlebende ältere Menschen. Für viele ist das Leben in Gemeinschaft eine vielversprechende Alternative, die soziale Kontakte fördert und Kosten senkt.
Eine Installation aus 21 großformatigen Modellen heutiger Wohnbauprojekte bildet den zweiten Bereich der Ausstellung. Die gezeigten Beispiele stammen unter anderem aus Berlin, Zürich, Los Angeles, Tokio und Wien; unter den Architekt*innen sind einszueins architektur, das ifau – Institut für angewandte Urbanistik, Jesko Fezer und Heide & von Beckerath, Michael Maltzan Architecture, ON design partners, pool Architekten und Ryue Nishizawa. Der detaillierte Blick auf die einzelnen Projekte zeigt, dass die neuen gemeinschaftlichen Wohnbauten auch eine durchweg innovative Herangehensweise an Volumen, Fassaden und Materialien mit sich bringen: Aus den besonderen Anforderungen und begrenzten Mitteln entsteht eine eigene Ästhetik. Die Präsentation der Modelle als imaginäre Stadt veranschaulicht zudem, dass Stadt und Wohnraum, Öffentlichkeit und Privatsphäre in vielen gezeigten Projekten nicht mehr klar getrennt, sondern auf neue Weise miteinander verwoben sind.
Was das konkret bedeutet, erfahren die Besucher*innen, wenn sie im dritten Ausstellungsbereich das 1:1-Modell einer sogenannten Clusterwohnung betreten und gemeinschaftliche Bereiche sowie private Räume durchstreifen. Grundrisse und Hintergrundinformationen zeigen, wie das neue Wohnen in Gemeinschaft umgesetzt wird. Ergänzt wird der Nachbau durch Fotografien von Daniel Burchard. Er hat acht Projekte in mehreren Ländern besucht und die neue Form des Zusammenlebens für die Ausstellung dokumentiert. Dabei wird deutlich, dass viele der neuen Wohnkollektive auch deshalb ein Labor gesellschaftlicher Entwicklungen sind, weil sie neue Verbindungen von Wohnen und Arbeiten erproben, die erst dank der Digitalisierung möglich geworden sind.
Aber wie funktioniert die neue Architektur der Gemeinschaft ökonomisch, welche Herausforderungen stellt sie im Alltag und wie lässt sie sich praktisch realisieren? In einem in die Ausstellung integrierten Co-Working Space werden diese Fragen anhand von fünf Projekten erläutert: die Sargfabrik in Wien, das Zwicky-Süd in Zürich, La Borda in Barcelona, R50 in Berlin und die Apartments with a Small Restaurant in Tokio. Die Gestaltung dieses Bereichs als Arbeitsraum zeigt, dass die neue Verflechtung vieler Projekte mit dem öffentlichen Leben auch neue Finanzierungsmöglichkeiten bietet: So widmet das Zürcher Projekt Kalkbreite die Hälfte seiner Fläche Gewerbefunktionen und umfasst neben öffentlichen Einrichtungen wie einem Kino, einem verpackungsfreien Supermarkt, Restaurants und Cafés, Arztpraxen und diversen Büroflächen auch einen frei zugänglichen Innenhof mit Kinderspielplätzen.
Projekte wie die Kalkbreite beweisen überdies, dass gemeinschaftliche Wohnmodelle sich heute nicht nur erfolgreich im kommerziellen Wohnungsmarkt behaupten, sondern ihn darüber hinaus auch positiv verändern können. Sie sind Teil der so genannten „sharing economy“, die die Rolle des Eigentums grundlegend neu definiert, während soziale Bottom Up-Bewegungen wie Occupy solche Ideale in der politischen Landschaft verankern. Die Ausstellung zeigt den Einfluss dieser Entwicklungen auf die Art, wie die Bewohner*innen und Architekt*innen heute gemeinsam neue Formen des Zusammenlebens entwickeln – nicht als ein Produkt rein individueller Bedürfnisse, sondern als eine Antwort auf eine zentrale Frage unserer Zeit: Wie wollen wir in Zukunft miteinander wohnen?
TEILNEHMENDE ARCHITEKT*INNEN
Dorte Mandrup Arkitekter (DK), CASA Architecten und Vrijburcht Stichting (NL), ifau und Jesko Fezer/Heide von Beckerath (DE), Hütten und Paläste Architekten (DE), Naruse Inokuma Architects (JP), Naka Architects’ Studio (JP), Studio mnm (JP), Osamu Nishida und Erika Nakagawa (JP), Ryue Nishizawa (JP), ON design partners (JP), Jinhee Park, SsD (KR), pool Architektur ZT (AT), gaupenraub +/- (AT), einszueins architektur (AT), Buol & Zünd (CH), Beat Rothen Architektur (CH), Müller Sigrist Architekten (CH), pool Architekten (CH), Enzmann Fischer und Partner (CH), Schneider Studer Primas (CH), Lacol Cooperativa d’Arquitectes (ES), BKK-2 (AT), Silvia Carpaneto + fatkoehl architekten + BARarchitekten mit Die Zusammen-arbeiter (DE), Michael Maltzan Architecture (USA), Duplex Architekten (CH), Santiago Cirugeda von Recetas Urbanas (ES), all(zone) (TH).
KATALOG
Begleitend zur Ausstellung ist die Publikation TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT erschienen, Englisch (deutsche Fassung vergriffen), herausgegeben von Mateo Kries, Ilka Ruby, Andreas Ruby, Mathias Müller, Daniel Niggli, mit Bildessays des Fotografen Daniel Burchard und Textbeiträgen von Andreas Hofer, Mateo Kries, Mathias Müller, Daniel Niggli, Ethel Baraona Pohl, Anna Puigjaner, Andreas Ruby, Ilka Ruby, Yuma Shinohara und Robert Temel, Softcover, 23 x 30,2 cm, 352 Seiten, ca. 443 Abbildungen, überwiegend in Farbe, 49,90 €, erhältlich in der Buchhandlung Walther König im MK&G
Zeit
November 20 (Freitag) 11:00 - April 5 (Montag) 19:00
April

Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit
Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit, unerreichbar, aber dennoch erstrebenswert? Welche Auswirkungen hätte ein solches Streben auf die materielle und immaterielle Gestaltung unseres Alltags, auf die Wirtschafts- und Sozialordnung, auf unseren Glauben und auf die Art, wie wir miteinander umgehen? Und welche Vorbilder lassen sich für ein solches Leben in Gegenwart und Geschichte finden? Diese Fragen stellt die Schule der Folgenlosigkeit, ein künstlerisch-diskursives Projekt von Friedrich von Borries im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Von Borries verknüpft Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten „Selbstlernraum“ so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden. Besucher*innen können hier im Selbstversuch Entscheidungen abgeben, ihre Hände in Unschuld waschen oder sich im Nichts-Tun üben. Ein digitales Begleit- und Diskursprogramm in Form einer App sowie das Stipendium für Nichtstun ergänzen das Projekt.
Im Rahmen der Ausstellung wird das Stipendium für Nichtstun vergeben, deren Bewerber*innen in der Ausstellung gezeigt werden. Ein diskursive Bildungsprogramm in Form einer App ergänzt das Projekt.
Der Selbstlernraum in der ehemaligen Aula des MK&G ist der zentrale Ort der Schule der Folgenlosigkeit. In dieser raumgreifenden Installation erproben sich Besucher*innen spielerisch in möglicher Folgenlosigkeit – und konfrontieren sich mit den daraus erwachsenden Konsequenzen. In abwechslungsreichen Übungen wie Entscheidung abgeben, Sorge tragen oder Nichts-Tun liefern sie sich dem Zufall am Glücksrad aus, waschen ihre Hände in Unschuld oder üben sich im Warten. Das Schaudepot zeigt ausgewählte Objekte aus dem MK&G, die als Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände einer nach Folgenlosigkeit strebenden Gesellschaft verstanden werden können. So zeugen etwa Astragale (aus Schafsknochen gefertigte Spielsteine) davon, wie im antiken Griechenland der Zufall in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wurde. Indonesische Amulette aus dem 19. Jahrhundert sollen vor Kontakt mit sogenannten Dschinen schützen: Diese unsichtbaren Wesen können, so die magisch-religiöse Vorstellung, durch menschliches Handeln Schaden nehmen und Rache suchen. Interventionen in die bestehenden Sammlungspräsentationen des MK&G eröffnen weitere Perspektiven auf historische Vorläufer eines folgenlosen Lebens. So wird beispielsweise an einer chinesischen Tee-schale mit Goldlack-Reparatur (12./13. Jahrhundert) im Bereich Ostasien gezeigt, dass Zerstörung nicht immer negative Folgen haben muss. Die japanische kintsugi-Technik entfaltet eine ganz eigene Ästhetik, die den Wert des wiederhergestellten Objektes sogar steigern kann.
Die Schule der Folgenlosigkeit schreibt außerdem ein „Stipendium für Nichtstun“ aus. Für die drei zu vergebenden Stipendien, die jeweils mit 1.600 Euro dotiert sind, können sich alle Interessierten ab sofort bis zum 15. September 2020 bewerben. Die Entscheidung der Jury, der u.a. der Philosoph Armen Avanessian (bekannt durch seine Theorie der Beschleunigung) angehört, wird zum Beginn der Ausstellung verkündet. Weitere Informationen unter www.hfbk-hamburg.de.
Die politischen, technischen, ökonomischen und ästhetischen Dimensionen von Folgenlosigkeit mitsamt ihrer Ambivalenz und Widersprüchlichkeit werden von Friedrich von Borries und dem österreichischen Filmemacher Jakob Brossmann in begleitenden Filmen reflektiert. Eine vom Berliner Künstlerkollektiv Refrakt entwickelte App führt in Form eines Spiels durch die Ausstellung und stellt Exponate und Übungen vor. Darüber hinaus hält sie vertiefende Inhalte wie Filmbeiträge oder Expert*inneninterviews zur Ausstellung bereit.
Friedrich von Borries (*1974) ist Architekt und seit 2009 Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Sein Berliner Projektbüro Friedrich von Borries agiert im Spannungsfeld von Architektur, Design, Kunst und Stadtentwicklung. 2010 kuratierte er die Ausstellung Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe im MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit ist eine Initiative der HFBK Hamburg in Kooperation mit dem MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit wird gefördert durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg (BWFGB), die Hamburg Open Online University (HOOU), die Friede Springer Stiftung, die Kursbuch Kulturstiftung sowie die Leinemann Kunststiftung Nikolassee und unterstützt von der Hamburg Innovation GmbH. Weitere Partnerinnen sind die Katholische Akademie Hamburg sowie die Evangelische Akademie der Nordkirche.
Bild: Schule der Folgenlosigkeit, Filmstill, © Jakob Brossmann
Zeit
November 6 (Freitag) 0:00 - Mai 9 (Sonntag) 18:00

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Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19.
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Die Ausstellung stellt Beispiele aus Europa, Asien und den USA vor: Projekte, Initiativen, Siedlungen, Modelle, eine begehbare Cluster-Wohnung und die historischen Vorläufer – von der Reformideen des 19. Jahrhunderts bis zur Hippie- und Hausbesetzungs-Szene der 1970er – vor. Ideen aus einem Konzeptfindungsverfahren der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) zeigen, wie auch bestehende Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an die Bedürfnisse der Menschen heute angepasst werden können.
Wohnraum ist eine knappe Ressource – das wird in den letzten Jahren immer deutlicher. Die Immobilienpreise in den Metropolen steigen und klassische Konzepte des Wohnungsbaus können dem Bedarf nicht mehr gerecht werden. Diese Herausforderungen haben eine stille Revolution in der zeitgenössischen Architektur ausgelöst: das Bauen und Wohnen im Kollektiv. TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT ist die erste Ausstellung, die dieses Thema umfassend beleuchtet und räumlich erfahrbar macht. Anhand von Modellen, Filmen und einer Cluster-Wohnung im Maßstab 1:1 präsentiert die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) eine Vielzahl von Beispielen aus Europa, Asien und den USA. Historische Vorläufer veranschaulichen zugleich die Geschichte der gemeinschaftlichen Architektur – von den Reformideen des 19. Jahrhunderts bis hin zur Hippie- und Hausbesetzer*innenszene, die mit dem Slogan „Make love, not lofts“ antrat. Die Kurator*innen Ilka und Andreas Ruby erweitern im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) die bestehende Ausstellung des Vitra Design Museums um einen zusätzlichen Teil, der sich mit der Situation des genossenschaftlichen Wohnens in Hamburg auseinandersetzt. Präsentiert werden Ergebnisse des Konzeptfindungsverfahrens „Wohnen – und was noch?“ und Ideen, wie genossenschaftliche Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre an heutige Bedürfnisse angepasst werden können.
Die Ausstellung beginnt mit einem Blick auf die Geschichte sozialer Wohnideale, die zumeist aus einem Protest gegen bestehende Verhältnisse entstanden sind. Dies unterstreicht eine Inszenierung, die Bezug auf die gesellschaftliche Brisanz des Themas nimmt: Filme zeigen historische Protestbewegungen für Wohnraum, während Transparente über die damals entwickelten Lösungsansätze informieren. Unter den gezeigten Beispielen sind die Phalanstères von Charles Fourier (1772–1837), die Ende des 19. Jahrhunderts im Tessin entstandene Kolonie Monte Verità, die Wohngenossenschaften der 1920er Jahre, aber auch die Freistadt Christiania in Kopenhagen oder die Genossenschaft Karthago in Zürich. Die gesellschaftspolitischen Hintergründe dieser Projekte machen die Aktualität der Ideen verständlich: Auch heute befindet sich die Gesellschaft im Umbruch, weil immer mehr Menschen anders als in klassischen Familienstrukturen leben – ob als Paar, Alleinerziehende, Singles oder alleinlebende ältere Menschen. Für viele ist das Leben in Gemeinschaft eine vielversprechende Alternative, die soziale Kontakte fördert und Kosten senkt.
Eine Installation aus 21 großformatigen Modellen heutiger Wohnbauprojekte bildet den zweiten Bereich der Ausstellung. Die gezeigten Beispiele stammen unter anderem aus Berlin, Zürich, Los Angeles, Tokio und Wien; unter den Architekt*innen sind einszueins architektur, das ifau – Institut für angewandte Urbanistik, Jesko Fezer und Heide & von Beckerath, Michael Maltzan Architecture, ON design partners, pool Architekten und Ryue Nishizawa. Der detaillierte Blick auf die einzelnen Projekte zeigt, dass die neuen gemeinschaftlichen Wohnbauten auch eine durchweg innovative Herangehensweise an Volumen, Fassaden und Materialien mit sich bringen: Aus den besonderen Anforderungen und begrenzten Mitteln entsteht eine eigene Ästhetik. Die Präsentation der Modelle als imaginäre Stadt veranschaulicht zudem, dass Stadt und Wohnraum, Öffentlichkeit und Privatsphäre in vielen gezeigten Projekten nicht mehr klar getrennt, sondern auf neue Weise miteinander verwoben sind.
Was das konkret bedeutet, erfahren die Besucher*innen, wenn sie im dritten Ausstellungsbereich das 1:1-Modell einer sogenannten Clusterwohnung betreten und gemeinschaftliche Bereiche sowie private Räume durchstreifen. Grundrisse und Hintergrundinformationen zeigen, wie das neue Wohnen in Gemeinschaft umgesetzt wird. Ergänzt wird der Nachbau durch Fotografien von Daniel Burchard. Er hat acht Projekte in mehreren Ländern besucht und die neue Form des Zusammenlebens für die Ausstellung dokumentiert. Dabei wird deutlich, dass viele der neuen Wohnkollektive auch deshalb ein Labor gesellschaftlicher Entwicklungen sind, weil sie neue Verbindungen von Wohnen und Arbeiten erproben, die erst dank der Digitalisierung möglich geworden sind.
Aber wie funktioniert die neue Architektur der Gemeinschaft ökonomisch, welche Herausforderungen stellt sie im Alltag und wie lässt sie sich praktisch realisieren? In einem in die Ausstellung integrierten Co-Working Space werden diese Fragen anhand von fünf Projekten erläutert: die Sargfabrik in Wien, das Zwicky-Süd in Zürich, La Borda in Barcelona, R50 in Berlin und die Apartments with a Small Restaurant in Tokio. Die Gestaltung dieses Bereichs als Arbeitsraum zeigt, dass die neue Verflechtung vieler Projekte mit dem öffentlichen Leben auch neue Finanzierungsmöglichkeiten bietet: So widmet das Zürcher Projekt Kalkbreite die Hälfte seiner Fläche Gewerbefunktionen und umfasst neben öffentlichen Einrichtungen wie einem Kino, einem verpackungsfreien Supermarkt, Restaurants und Cafés, Arztpraxen und diversen Büroflächen auch einen frei zugänglichen Innenhof mit Kinderspielplätzen.
Projekte wie die Kalkbreite beweisen überdies, dass gemeinschaftliche Wohnmodelle sich heute nicht nur erfolgreich im kommerziellen Wohnungsmarkt behaupten, sondern ihn darüber hinaus auch positiv verändern können. Sie sind Teil der so genannten „sharing economy“, die die Rolle des Eigentums grundlegend neu definiert, während soziale Bottom Up-Bewegungen wie Occupy solche Ideale in der politischen Landschaft verankern. Die Ausstellung zeigt den Einfluss dieser Entwicklungen auf die Art, wie die Bewohner*innen und Architekt*innen heute gemeinsam neue Formen des Zusammenlebens entwickeln – nicht als ein Produkt rein individueller Bedürfnisse, sondern als eine Antwort auf eine zentrale Frage unserer Zeit: Wie wollen wir in Zukunft miteinander wohnen?
TEILNEHMENDE ARCHITEKT*INNEN
Dorte Mandrup Arkitekter (DK), CASA Architecten und Vrijburcht Stichting (NL), ifau und Jesko Fezer/Heide von Beckerath (DE), Hütten und Paläste Architekten (DE), Naruse Inokuma Architects (JP), Naka Architects’ Studio (JP), Studio mnm (JP), Osamu Nishida und Erika Nakagawa (JP), Ryue Nishizawa (JP), ON design partners (JP), Jinhee Park, SsD (KR), pool Architektur ZT (AT), gaupenraub +/- (AT), einszueins architektur (AT), Buol & Zünd (CH), Beat Rothen Architektur (CH), Müller Sigrist Architekten (CH), pool Architekten (CH), Enzmann Fischer und Partner (CH), Schneider Studer Primas (CH), Lacol Cooperativa d’Arquitectes (ES), BKK-2 (AT), Silvia Carpaneto + fatkoehl architekten + BARarchitekten mit Die Zusammen-arbeiter (DE), Michael Maltzan Architecture (USA), Duplex Architekten (CH), Santiago Cirugeda von Recetas Urbanas (ES), all(zone) (TH).
KATALOG
Begleitend zur Ausstellung ist die Publikation TOGETHER! DIE NEUE ARCHITEKTUR DER GEMEINSCHAFT erschienen, Englisch (deutsche Fassung vergriffen), herausgegeben von Mateo Kries, Ilka Ruby, Andreas Ruby, Mathias Müller, Daniel Niggli, mit Bildessays des Fotografen Daniel Burchard und Textbeiträgen von Andreas Hofer, Mateo Kries, Mathias Müller, Daniel Niggli, Ethel Baraona Pohl, Anna Puigjaner, Andreas Ruby, Ilka Ruby, Yuma Shinohara und Robert Temel, Softcover, 23 x 30,2 cm, 352 Seiten, ca. 443 Abbildungen, überwiegend in Farbe, 49,90 €, erhältlich in der Buchhandlung Walther König im MK&G
Zeit
November 20 (Freitag) 11:00 - April 5 (Montag) 19:00
Mai

Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit
Details
Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit, unerreichbar, aber dennoch erstrebenswert? Welche Auswirkungen hätte ein solches Streben auf die materielle und immaterielle Gestaltung unseres Alltags, auf die Wirtschafts- und Sozialordnung, auf unseren Glauben und auf die Art, wie wir miteinander umgehen? Und welche Vorbilder lassen sich für ein solches Leben in Gegenwart und Geschichte finden? Diese Fragen stellt die Schule der Folgenlosigkeit, ein künstlerisch-diskursives Projekt von Friedrich von Borries im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Von Borries verknüpft Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten „Selbstlernraum“ so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden. Besucher*innen können hier im Selbstversuch Entscheidungen abgeben, ihre Hände in Unschuld waschen oder sich im Nichts-Tun üben. Ein digitales Begleit- und Diskursprogramm in Form einer App sowie das Stipendium für Nichtstun ergänzen das Projekt.
Im Rahmen der Ausstellung wird das Stipendium für Nichtstun vergeben, deren Bewerber*innen in der Ausstellung gezeigt werden. Ein diskursive Bildungsprogramm in Form einer App ergänzt das Projekt.
Der Selbstlernraum in der ehemaligen Aula des MK&G ist der zentrale Ort der Schule der Folgenlosigkeit. In dieser raumgreifenden Installation erproben sich Besucher*innen spielerisch in möglicher Folgenlosigkeit – und konfrontieren sich mit den daraus erwachsenden Konsequenzen. In abwechslungsreichen Übungen wie Entscheidung abgeben, Sorge tragen oder Nichts-Tun liefern sie sich dem Zufall am Glücksrad aus, waschen ihre Hände in Unschuld oder üben sich im Warten. Das Schaudepot zeigt ausgewählte Objekte aus dem MK&G, die als Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände einer nach Folgenlosigkeit strebenden Gesellschaft verstanden werden können. So zeugen etwa Astragale (aus Schafsknochen gefertigte Spielsteine) davon, wie im antiken Griechenland der Zufall in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wurde. Indonesische Amulette aus dem 19. Jahrhundert sollen vor Kontakt mit sogenannten Dschinen schützen: Diese unsichtbaren Wesen können, so die magisch-religiöse Vorstellung, durch menschliches Handeln Schaden nehmen und Rache suchen. Interventionen in die bestehenden Sammlungspräsentationen des MK&G eröffnen weitere Perspektiven auf historische Vorläufer eines folgenlosen Lebens. So wird beispielsweise an einer chinesischen Tee-schale mit Goldlack-Reparatur (12./13. Jahrhundert) im Bereich Ostasien gezeigt, dass Zerstörung nicht immer negative Folgen haben muss. Die japanische kintsugi-Technik entfaltet eine ganz eigene Ästhetik, die den Wert des wiederhergestellten Objektes sogar steigern kann.
Die Schule der Folgenlosigkeit schreibt außerdem ein „Stipendium für Nichtstun“ aus. Für die drei zu vergebenden Stipendien, die jeweils mit 1.600 Euro dotiert sind, können sich alle Interessierten ab sofort bis zum 15. September 2020 bewerben. Die Entscheidung der Jury, der u.a. der Philosoph Armen Avanessian (bekannt durch seine Theorie der Beschleunigung) angehört, wird zum Beginn der Ausstellung verkündet. Weitere Informationen unter www.hfbk-hamburg.de.
Die politischen, technischen, ökonomischen und ästhetischen Dimensionen von Folgenlosigkeit mitsamt ihrer Ambivalenz und Widersprüchlichkeit werden von Friedrich von Borries und dem österreichischen Filmemacher Jakob Brossmann in begleitenden Filmen reflektiert. Eine vom Berliner Künstlerkollektiv Refrakt entwickelte App führt in Form eines Spiels durch die Ausstellung und stellt Exponate und Übungen vor. Darüber hinaus hält sie vertiefende Inhalte wie Filmbeiträge oder Expert*inneninterviews zur Ausstellung bereit.
Friedrich von Borries (*1974) ist Architekt und seit 2009 Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Sein Berliner Projektbüro Friedrich von Borries agiert im Spannungsfeld von Architektur, Design, Kunst und Stadtentwicklung. 2010 kuratierte er die Ausstellung Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe im MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit ist eine Initiative der HFBK Hamburg in Kooperation mit dem MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit wird gefördert durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg (BWFGB), die Hamburg Open Online University (HOOU), die Friede Springer Stiftung, die Kursbuch Kulturstiftung sowie die Leinemann Kunststiftung Nikolassee und unterstützt von der Hamburg Innovation GmbH. Weitere Partnerinnen sind die Katholische Akademie Hamburg sowie die Evangelische Akademie der Nordkirche.
Bild: Schule der Folgenlosigkeit, Filmstill, © Jakob Brossmann
Zeit
November 6 (Freitag) 0:00 - Mai 9 (Sonntag) 18:00