Vom Matrosenaufstand zur Revolution – von Kiel ins ganze Land. Das Ausstellungsprojekt des Landes

Die Ereignisse, die sich Anfang November 1918 in Kiel abspielten – der Matrosenaufstand – veränderten den Lauf der deutschen Geschichte. Doch der Beginn der Novemberrevolution war mehr als eine Kieler Angelegenheit: An zahlreichen Orten Schleswig-Holsteins gingen Soldaten und Arbeiter, Gewerkschafter und Teile der längst kriegsmüden Bevölkerung auf die Straße.

Ob in Flensburg oder Rendsburg, Kappeln, Brunsbüttel oder Glücksburg, Eckernförde, Sonderburg oder Lübeck – es entstanden Arbeiter- und Soldatenräte, die vor Ort die Politik selbst in die Hand nahmen und die Herrschenden entmachteten – eine völlig neue Form der politischen Partizipation, die bald im gesamten Deutschen Reich Schule machte. Denn nach der Meuterei in Wilhelmshaven am 28. Oktober 1918 stand Schleswig-Holstein seit dem 1. November am Anfang der revolutionären Entwicklung.

Dieser Aufstand markierte das Ende des Ersten Weltkrieges in Deutschland, das formal mit der Unterzeichnung der Kapitulation am 11. November vollzogen wurde. Das Kriegsende ist auch als ein mentaler und gesellschaftspolitischer Prozess zu verstehen, weil der Aufstand die Verweigerung des Krieges durch den Einzelnen zu einer politischen Bewegung machte.

Die Ereignisse im November 1918 jähren sich 2018 zum hundertsten Mal. In der Landeshauptstadt Kiel wird dazu eine große Ausstellung stattfinden, ARTE plant einen dokumentarischen Spielfilm zum Matrosenaufstand. Das Jubiläum wird aufgrund seiner  nationalen Bedeutung gleichzeitig auch vom Land im Rahmen eines Themenjahres gewürdigt und soll so stärker in das Bewusstsein der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner gerufen werden.

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Mit einer Landesausstellung zum Gedenken an die hundertste Wiederkehr dieses Jahrestages des Kieler Matrosenaufstandes wird  das Thema umgesetzt. Die mobil konzipierte Ausstellung soll die Ereignisse in Kiel und im Deutschen Reich aufzeichnen und ihre  Vorgeschichte und Folgen bis in die Gegenwart darstellen.

Sie soll die Landesspezifika des Aufstandes deutlich herausstellen und  dient als Komplementär zur Ausstellung der Stadt Kiel. Sie wird als selbstständige Präsentation konzipiert, die mit dem Beginn der Kieler Ausstellung ebenfalls im Mai 2018 in der Landeshauptstadt startet und dann anschließend ab Jahreswechsel 2018/19 an verschiedene Orte des Landes wandern kann.

Dort wird die Frage nach dem Umbruch vor 100 Jahren mit konkreten lokalen und regionalen Recherchen verknüpft: Vor allem Schulen und Volkshochschulen sollen beteiligt, Tageszeitungen und Dokumente jener Zeit recherchiert und ausgewertet werden, Stadtarchive und Museen werden im Vorfeld zur Zusammenarbeit eingeladen und sollen die Umsetzung inhaltlich begleiten.

Zielgruppen der Landesausstellung sind Schülerinnen und Schüler aber auch historisch und politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Da es so gut wie keine Exponate aus dieser Zeit gibt, werden die historischen Inhalte durch attraktive szenografische Elemente vermittelt.

Im Zentrum stehen die handelnden Personen der Novemberrevolution, die in der demokratischen Entwicklung Deutschlands eine herausragende Rolle gespielt haben unter anderem Herrmann Lüdemann, der spätere Ministerpräsident Schleswig-Holsteins und Mitglied des Parlamentarischen Rates, Kurt Artelt, Vorsitzender des Kieler Soldatenrates, Heinrich Kürbis, der spätere Oberpräsident der Provinz Schleswig-Holstein, Gustav Noske, Beauftragter des Reichskanzlers Friedrich Ebert und Bruno Topff, der für 66 Stunden selbst ernannter „Präsident von Alsen“ war.

Das Vorhaben versteht sich zugleich als Konkretisierung der Forderung, das kulturelle Erbe Schleswig-Holsteins zu erhalten und zu vermitteln. Die in den „Kulturperspektiven Schleswig-Holstein“ von 2014 genannte „ansprechende“ Vermittlung, die kulturelle Teilhabe der Bevölkerung sowie die Besinnung auf historische Orte soll mit dieser Konzeption einer Landesausstellung als Wanderausstellung ausdrücklich umgesetzt werden.

Zusätzlich zur Ausstellung wird es ein Begleitprogramm und technische Angebote geben, welche sowohl der Vermittlung des Themas als auch dem „Marketing“ dienen sollen. //

Dr. Eberhard Schmidt-Elsaeßer,
Staatssekretär im Ministerium für Justiz, Kultur
und Europa des Landes Schleswig-Holstein