Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen 17 Ziele mit 169 Unterzielen verabschiedet. Alle Staaten haben sich verpflichtet diese Agenda bis 2030 umzusetzen – also auch Deutschland. Das betrifft nicht nur unsere Bundesregierung, auch die Bundesländer und Kommunen/Städte sind gefragt, die Ziele auf allen Ebenen umzusetzen. Um das zu erreichen müssen Politik, Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten – Mit unserem SDG-Programm wollen wir diese Arbeit kritisch und konstruktiv unterstützen.
Im September 2015 wurden die Sustainable Development Goals (SDGs – dt: Globale Nachhaltigkeitsziele) im Rahmen der Agenda 2030 in einer Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Nur drei Monate später, zum 1. Januar 2016, hatten wir im Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V. bereits unser erstes SDG Projekt – „17 Ziele – 17 Orte“. Wir haben unsere Mitglieds-gruppen wie auch interessierte Initiativen und Organisationen in ganz Schleswig-Holstein besucht, um durch gemeinsame Aktionen und Veranstaltungen die SDGs bekannter zu machen.
Die SDGs sind natürlich nicht völlig kontextlos im Jahre 2015 einfach ausgerufen worden. Zuvor gab es die Millennium Development Goals (MDGs), die ausschließlich die sogenannten „Entwicklungsländer“ in den Fokus nahmen. Die MDGs hatten eine Laufzeit von 2000-2015 und acht Zielformulierungen, die schlussendlich nicht in ihrer Vollständigkeit erreicht worden sind. Weshalb bereits 2012 der post-MDG-Prozess startete und an der Formulierung sowie dem Konzept der SDGs mit den 169 Unterzielen gearbeitet wurde.
Neben den sehr viel stärker ausdifferenzierten Zielformulierungen und dem Konzept „Leave No One Behind“, das die Agenda 2030 prägt, haben die SDGs zu einem Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit geführt: Alle Länder wurden mit der Agenda 2030 zu Entwicklungsländern erklärt! Das wiederum erlaubt uns, in unserer entwicklungspolitischen Inlandsarbeit einen sehr viel stärkeren Blick auf die nachhaltige Entwicklung im eigenen Bundesland zu richten als bisher. Wir können nun mit den SDGs verdeutlichen, dass unser Handeln oftmals globale Auswirkungen hat, und das in einem breiteren Ansatz als zuvor.
In diesem Zusammenhang werden – zumindest auf nationaler Ebene – auch die sogenannten Spillover-Effekte in die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen. Das heißt, alle externalisierten Auswirkungen im Bereich Nachhaltigkeit, wie CO2-Emissionen, Müllentsorgung über andere Staaten und Produktionsnebeneffekte (ökologisch wie sozial) spielen hier mit rein und relativieren den deutschen Fortschritt bei der Erreichung der SDGs.
Bei den ganzen positiven Zusammenhängen mit der Agenda 2030 müssen wir aber immer einen kritischen Blick auf die Umsetzungsbestrebungen haben. Sie können auch als nationale Modernisierungsstrategien genutzt werden – das verfehlt den eigentlichen Sinn der SDGs, denn die Länder mit einem hohen Umsetzungsstand sollten diejenigen, die einen weiteren Weg vor sich haben, auf internationaler Ebene unterstützen. Zudem verliert man aus einer rein regionalen oder nationalen Perspektive die globalen Herausforderungen aus dem Blick, die eben auch nur international gelöst werden können. Dafür steht das SDG 17 – Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Es geht um multilaterale Partnerschaften und Zusammenarbeit, nicht um Abschottungspolitik.
Als entwicklungspolitisches Landesnetzwerk und Dachverband für entwicklungspolitische Organisationen und Initiativen haben wir unsere Arbeit immer schon an den internationalen Rahmenübereinkommen ausgerichtet – sei es die Agenda 21, die MDGs, seit 2015 die SDGs, Initiativen wie „UN Dekade für Bildung für nachhaltige Entwicklung“ oder aktuell die „UN Dekade des Handelns“ – auch, wenn sie wie die SDGs immanente Zielkonflikte haben. Die Zielkonflikte zeigen wir im Rahmen unserer Arbeit auf und versuchen, einen lösungsorientierten Diskurs dazu anzustoßen. Solche politischen Rahmenvereinbarungen bilden insgesamt die Ausgangslage und den Orientierungsrahmen unserer Projekte und Programme.
Nach dem ersten SDG-Projekt folgten daher auch die weiteren SDG-Programme, die bis heute einen Eckpfeiler unserer Arbeit bilden. Sie ermöglichen es uns, dass wir uns im Sinne unseres Dachverbandes für eine gerechtere Welt einsetzen und als Ausgangspunkt dafür Schleswig-Holstein nehmen. Wir beobachten die politischen Prozesse und mischen uns gemeinsam mit anderen Landesverbänden und Vereinen ein – kommentieren zum Beispiel den Landesnachhaltigkeitsbericht und haben einen Blick auf die Indikatoren, die die nachhaltige Entwicklung in Schleswig-Holstein messen sollen. Auf der Landesebene haben wir einen Stakeholder-Austausch, in dem zweimal im Jahr je ein Schwerpunktthema zur nachhaltigen Entwicklung auf Landesebene diskutiert wird. Auch die Nähe zu den Kommunen ist mit den SDGs größer geworden. Wir setzen uns auf der Projektebene außerdem für die Umsetzung der SDGs in der Landwirtschaft ein, tragen die SDGs jedes Jahr mit der „Lebensweltmeisterschaft“ in die Mittelstufen der Schulen, fokussieren uns mit dem SDG-Bildungsurlaub auf die Erwachsenenbildung und unser Programm „Bildung trifft Entwicklung“ ist zu diesem Thema unentwegt auch in den Schulen Schleswig-Holsteins unterwegs.
Der Bereich der nachhaltigen Entwicklung umrahmt die Arbeit eines Großteils unserer Mitgliedsgruppen. Für nahezu alle Mitglieder sind die SDGs relevant, da sie mit ihren 17 Zielen Themen wie Armutsbekämpfung, Bildungs- und Geschlechtergerechtigkeit, aber auch saubere Energie und sauberes Trinkwasser sowie Natur-, Umwelt- und Klimaschutz und letztlich auch die Partnerschaftsarbeit umfassen. In ihrer Universalität müssen die SDGs aber auch immer wieder auf die vielfältigen Tätigkeiten und das Engagement unserer Mitglieder übersetzt und runtergebrochen werden – denn für die ganz konkrete Arbeit, beispielsweise einer Partnerschaftsgruppe, sind die globalen Nachhaltigkeitsziele in erster Instanz erst einmal nicht unbedingt relevant. Hier steht die Partner*innen- und/oder Freund*innenschaft über Landesgrenzen hinweg im Vordergrund, die meist einem ganz bestimmten Ziel folgt – wie die bessere Versorgung von Waisenkindern, einen leichteren Zugang zur Gesundheitsversorgung oder Bildung. Hier geht es um Materialien, die von A nach B transportiert werden, oder Gebäude, die erhalten oder gebaut werden müssen, oder auch Strukturen vor Ort, die durch die gemeinsame Arbeit der Partner*innen gestärkt werden. All dies bildet ein Vorankommen bei der Umsetzung der SDGs im Kleinen ab. Genauso sieht es in der Weltladenarbeit aus. Beim Fairen Handel geht es nicht nur um eine wirtschaftlich und sozial gerechte Handelsform, sondern es wird auch ein Bildungsanspruch transportiert. Weltläden verkaufen nicht nur fair gehandelte Produkte, sie informieren zu den Produzentinnen, den Siegeln, den Hintergründen und vielem mehr. Oftmals unterhalten die angeschlossenen Vereine zum Weltladen auch eigene Projekte im Bereich entwicklungspolitischer Inlands- und Bildungsarbeit. Auch sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der SDGs – um nur einige Beispiele unserer Mitgliedsgruppen zu nennen.
Unsere 105 Mitgliedsgruppen und -organisationen sind wichtige Bausteine im Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Ihr zivilgesellschaftliches Engagement komplementiert den Umsetzungsauftrag der SDGs auf staatlicher Ebene. Ihre Arbeit unterstützt unsere kritisch-konstruktive Begleitung der SDG-Umsetzung auf Landesebene in Schleswig-Holstein.
Ansprechperson:
Katrin Kolbe
Stellv. Geschäftsführung und
Projektleitung „SDG in SH – Handlungsschwung gegen Umsetzungsträgheit: UN-Dekade des Handelns“
Tel.: 0431-679399-02
katrin.kolbe@bei-sh.org