Donnerstag, 28. März 2024

Kondolenzschreiben zum Tode Max Plancks

KulturzeitschriftKondolenzschreiben zum Tode Max Plancks

„Ich persönlich verdanke ihm – wie die meisten Physiker meiner Generation – den ganzen Inhalt und die ganze Zielsetzung meiner eigenen wissenschaftlichen Lebensaufgabe; Alles, was ich erreicht habe, gehört zur Fortsetzung und zum Ausbau seines Werkes.“

Dies sind die Worte Pascual Jordans in seiner Kondolenz an Marga Planck. Bei Pascual Jordan handelte es sich um einen deutschen Physiker, der signifikante Beiträge zur Quantenmechanik in Zusammenarbeit mit Werner Heisenberg und Max Born leistete und durch seine Arbeiten die Quantenfeldtheorie mitbegründete. Auch heute noch können sich wohl die meisten Physikerinnen und Physiker diesem Zitat anschließen, denn es ist kaum möglich, die Auswirkungen von Max Plancks Entdeckung bis in die heutige Zeit zu unterschätzen.

Das eben angesprochene Kondolenzschreiben ist eines von vielen, das in dem Nachlass von Max Planck vorhanden ist. Dabei reichen die Kondolenzen von unpersönlichen, kurzen Beileidsbekundungen bis hin zu mehrere Seiten umfassenden Briefen, in denen die persönliche Beziehung zu und das Erleben von Max Planck geschildert werden. Daher sind diese von großer Bedeutung für die historische Einordnung Plancks, da sie viele wichtige Einblicke in seine Person ermöglichen.

Neben dem eingangs erwähnten Schreiben von Jordan gab es aus der Welt der Wissenschaft und darüber hinaus eine Vielzahl von Kondolenzen. Unter den Verfassern gab es eine Reihe großer Physiker, insbesondere Nobelpreisträger. Zu diesen zählen beispielsweise Enrico Fermi, der bedeutende Beiträge zur statistischen Physik sowie Kern- und Teilchenphysik leistete, Max Born, der grundlegende Arbeiten zur Quantenmechanik verfasste, oder James Franck, der vor allem für den Franck-Hertz-Versuch bekannt ist, welcher eine der ersten experimentellen Bestätigungen der Quantentheorie darstellte. Viele der Absender kannten Max Planck persönlich, waren mit ihm befreundet oder haben mit ihm zusammengearbeitet.

Die von Enrico Fermi verfasste Kondolenz ist eines der unpersönlichen, kurzen Schreiben. So schreibt er lediglich, dass er aus der Zeitung vom Tod Max Plancks erfahren habe und dass er der Familie sein Beileid für den Verlust ausdrücken möchte.
Persönlichere Kondolenzen wurden beispielsweise von Max Born und James Franck verfasst und vermitteln etwas von dem Wesen Plancks und seinem Verhältnis zu den Verfassern. James Franck schreibt von der Menschlichkeit Plancks, ein Motiv, welches in den Kondolenzen wiederholt auftaucht: „…mit ihm trauern die Wissenschaftler der Welt und insbesondere diejenigen, die auch die Schöne seiner edlen Menschlichkeit in Stück und Antlitz erlebt haben.“ Ebenso führt Max Born die Menschlichkeit Plancks an und führt weiter aus, dass er gerade Max Planck seine wissenschaftliche Laufbahn verdanke. So habe ihn die Zusammenarbeit mit Max Planck in Berlin besonders stark geformt. Er schreibt beispielsweise: „Ihm verdanke ich meine wissenschaftliche Entwicklung und meine Laufbahn; und darüber hinaus war er mir ein Vorbild edler Menschlichkeit.“

Aber auch von der Freundschaft unter Kollegen wird geschrieben, wie beispielsweise von Adriaan Fokker, einem niederländischen Physiker, der während seiner Promotion zusammen mit Planck, die nach ihnen benannte Fokker-Planck-Gleichung entdeckte. Er führt in seinem Schreiben aus: „Ich bleibe ihm dankbar dafür, dass ich immer in ihm habe Freundschaft fühlen dürfen.“

Besonders hervorzuheben ist das Schreiben von Wernher von Braun, dem deutschen und später US-amerikanischen Raketentechniker, der für seine Involvierung in die Entwicklung der „V2“ während des Zweiten Weltkriegs und später das Mondlandeprogramm der NASA bekannt ist. Er schreibt: „So hat uns der alte verehrte Geheimrat, dessen Leben in den Dienst um den Kampf für die Wahrheit und die Erkenntnis gestellt war, auch noch durch seinen Tod Licht in das Dunkel dieser entstellten Welt gebracht.“

Auch soll Max Plancks Verhältnis zu seiner Schülerin Lise Meitner betont werden. Diese studierte ab 1907 in Berlin unter anderen bei Max Planck und wurde später seine inoffizielle Assistentin von 1912 bis 1915. Weiter erhielt sie 1926 eine Professur für experimentelle Kernphysik in Berlin und war damit die erste Professorin für Physik in Deutschland. Nach der Annexion Österreichs 1938 floh sie nach Schweden und veröffentlichte dort 1939 die erste theoretische Erklärung der Kernspaltung. Angemerkt sei hier, dass ihr trotz ihrer Leistungen und einer Vielzahl von Nominierungen nie ein Nobelpreis zugedacht wurde. Max Planck war dabei die Person, die sie am häufigsten nominierte; insgesamt sechsmal nominierte er sie für den Preis in Chemie und einmal in Physik.

Zeit ihres Lebens hatte sie ein enges Verhältnis zur Familie Planck, das auch nach ihrer Flucht nicht abbrach und auch nach Max Plancks Tod fortbestand. In ihrer Kondolenz schreibt sie: „Das Leben ihres Mannes war ungewöhnlich, wie er selbst ungewöhnlich war, in seiner wunderbaren reinen Persönlichkeit, die jeden Menschen, der nur in seine Nähe kam, besser machte.“

Abschließend soll an dieser Stelle eine Kondolenz angesprochen werden, die das Verhältnis Max Plancks zu Kiel illustriert. Diese wurde von Albrecht Unsöld verfasst, einem deutschen Astrophysiker, der ab 1932 Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Direktor des dortigen Instituts für Theoretische Physik sowie in den Jahren 1958/1959 Rektor der CAU war. So schreibt Unsöld in seiner Kondolenz: „Es hat mich damals auf das schönste beeindruckt, mit welcher Lebhaftigkeit der große Denker auch an den Dingen des äußeren Lebens Anteil nahm und sie in seine Sphäre empor hob und wie er an seiner alten Heimatstadt und Universität hing.“

Auch wenn hier nur ein kleiner Ausschnitt der vielen Kondolenzen vorgestellt wurde, so ist dieser exemplarisch für die Bandbreite an Beileidsbekundungen, die zu Max Plancks Tod an seine Frau geschickt wurden. Insgesamt zeichnet sich das Bild eines Wissenschaftlers, der insbesondere wegen seiner Menschlichkeit und seines Charakters von seinen Mitmenschen geschätzt wurde. Weiter zeichnete er sich aus durch die Förderung von anderen Wissenschaftlern und hier besonders hervorzuheben: seine Verbundenheit mit der Stadt Kiel, seiner Heimatstadt, und der CAU.

Erik Schroedter

Weiterlesen ...?

Um den gesamten Artikel lesen zu können, buchen Sie bitte unser monatlich kündbares Online-Abo oder bestellen Sie die Print-Ausgabe.

Schon gewusst?
Auch als Print-Abonnent*in der Kulturzeitschrift Schleswig-Holstein erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln auf unserer Internetseite.

Sie sind Abonnent*in und haben noch keinen Online-Zugang?
Dann senden Sie uns eine Mail mit Ihrer Abo-Nummer an info@schleswig-holstein.sh und wir richten es Ihnen ein.

Weitere Artikel

Das Dokumentartheaterstück „LebensWert“ am Theater Kiel

LebensWert ist ein auf einer mehrmonatigen, aufwändigen Recherchearbeit basierendes Dokumentartheaterstück, das sich einem dunklen Kapitel der Kieler und schleswig-holsteinischen Vergangenheit widmet: der NS-Euthanasie und vor allem ihrer gar nicht oder nur schleppend erfolgten Aufarbeitung.

Walter Auerbach und die Anfänge des christlich-jüdischen Dialogs nach 1945

Der Name Walter Auerbach wird mitunter in der kirchlichen Zeitgeschichtsschreibung genannt. Er war der einzige „volljüdische” Pastor der schleswig-holsteinischen Landeskirche. Die Begrifflichkeit ist NS-deutsch, eingeführt vom späteren braunen Fleck in Konrad Adenauers Regierungen, Hans Globke. Für den christlich-jüdischen Dialog der ersten Nachkriegszeit nahm Pastor Auerbach eine zentrale Rolle ein und an seiner Person lässt sich das Verhältnis der schleswig-holsteinischen Nachkriegskirche zum Judentum und ihr Umgang mit der eigenen jüngsten Vergangenheit sehr gut veranschaulichen.

Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein

Der dauerhafte Aufenthalt von Juden in den Herzogtümern Schleswig und Holstein ist seit Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Beschränkt auf das Leben in der Stadt, ausgeschlossen vom Handwerk, dem Landbau und „christlicher Seefahrt“ blieb ihre Zahl im vor allem...

Artikel aus den letzten Ausgaben

Editorial

Chefredakteur Kristof Warda stellt die Ausgabe Winter/Frühjahr 2024 vor.

Das Unfassbare haptisch machen. Die Regisseurin Marie Schwesinger

Sie recherchiert in Archiven und Gerichtssälen, spürt Zeitzeugen auf und vereint Stückentwicklung mit klassischer Regiearbeit. Ihr Dokumentarstück LebensWert am...

Das Dokumentartheaterstück „LebensWert“ am Theater Kiel

LebensWert ist ein auf einer mehrmonatigen, aufwändigen Recherchearbeit basierendes Dokumentartheaterstück, das sich einem dunklen Kapitel der Kieler und schleswig-holsteinischen Vergangenheit widmet: der NS-Euthanasie und vor allem ihrer gar nicht oder nur schleppend erfolgten Aufarbeitung.

Die Welt umarmen. Die Designerin Nanna Ditzel

Befreit in Gedanken und Taten: Nanna Ditzel hatte einen scharfsinnigen Blick für die Konventionen und Lebensstile ihrer Zeit und machte sich daran, sie zu verändern. Sie tat dies mit Farben, Formen, Möbeln und Design, die unsere etablierten Vorstellungen davon, wie Dinge auszusehen haben, wie sie benutzt werden und zu erleben sind, liebevoll auf die Probe stellen und erweitern. Nanna Ditzel übernimmt selbst die Führung – von Anfang bis Ende.

Heimat – eine Suche

Im Juni 2023 hat sich die neonazistische NPD umbenannt – in: Die Heimat. Aber auch andere verfassungsfeindliche Parteien und Gruppierungen wie die sogenannte identitäre Bewegung reklamieren den Heimatbegriff für sich und geben vor, genau zu wissen, was damit gemeint ist und wer dazugehört – vor allem aber: wer und was nicht dazugehört.

Wo öffnet sich die Welt? Der Autor Ralf Rothmann

„Der Weizen war fast reif, der Himmel blau, die Schwalben flogen in großer Höhe. Erstaunlich viele Kühe grasten auf...

„… die Sprache der Poesie.“

Kirchen und Kapellen sind in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit so sehr Objekte des geistlichen Auftrags, den sie verkörpern, dass sie als Kunstwerke, als monumentale Kunst im öffentlichen Raum fast nicht wahrgenommen werden. Die Religionsgemeinschaften tun nur wenig, auch diese Seite, diese besondere Qualität des ihnen gehörenden Schatzes hervorzuheben. Er verdient es aber.

Walter Auerbach und die Anfänge des christlich-jüdischen Dialogs nach 1945

Der Name Walter Auerbach wird mitunter in der kirchlichen Zeitgeschichtsschreibung genannt. Er war der einzige „volljüdische” Pastor der schleswig-holsteinischen Landeskirche. Die Begrifflichkeit ist NS-deutsch, eingeführt vom späteren braunen Fleck in Konrad Adenauers Regierungen, Hans Globke. Für den christlich-jüdischen Dialog der ersten Nachkriegszeit nahm Pastor Auerbach eine zentrale Rolle ein und an seiner Person lässt sich das Verhältnis der schleswig-holsteinischen Nachkriegskirche zum Judentum und ihr Umgang mit der eigenen jüngsten Vergangenheit sehr gut veranschaulichen.

Gud as ei gudenooch

Tu jodiar teesen, wat ik bit nü apsteld haa, hiart üüb arke faal uk dethir: at kultüür, wat wi...

Die Kulturzeitschrift abonnieren

Meistgelesen

Mahlzeit, Erstmal, Moin. Grüße in Nordfriesland und anderswo

Jeder kennt „Mahlzeit“ und „Moin“ als Gruß – zumindest in Norddeutschland; die Verabschiedung „Erstmal“ ist schon südlich von Eider und Nord-Ostsee-Kanal seltener. Wo kommen diese Grußformeln her und wie werden sie gebraucht? LANDRAT in...

Die Schule für Schauspiel in Kiel – private Berufsfachschule und kreativer Kulturort

Ob als freie Schauspieler, feste Ensemblemitglieder oder als Regisseure. Ihre Absolvent*innen bereichern die Theaterszene nicht nur in Kiel und im Land. Rolf Peter Carl stellt die einzige Schauspielschule in Schleswig-Holstein vor.

Die gängigsten Spechtarten in Schleswig-Holstein

Diese Spechtarten können Sie in den Wäldern Schleswig-Holsteins entdecken

Tanne – Abies

Welf-Gerrit Otto betrachtet die Tanne im Spiegel von Mythologie und Volksglaube - und zeigt, wie die Wildpflanze in der Küche verwendung finden kann ...

Gut Panker: Vom Rittersitz zur Gutsgemeinschaft

Panker heute – das ist eine Gemeinde im Landkreis Plön, Amt Lütjenburg, 22.76 qkm, etwa 1500 Einwohner. Das gewöhnliche gelbe Ortsschild lässt von einem „Gut“ Panker nichts erkennen, aber der interessierte Tourist stößt...

Heimat. Begriff und Gefühl – am Beispiel der Gebrüder Grimm

Der Begriff "Heimat", wie wir ihn heute benutzen, entwickelte sich erst in der Romantik, seit Ende des 18. Jahrhunderts.

Nachgelesen: Das bewegte Leben der Lotti Huber

Lotti Huber war eine Künstlerin. Sie war eine Lebenskünstlerin. In einschlägigen Artikeln wird sie als Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und avantgardistische Künstlerin bezeichnet. Übersetzerin und Schriftstellerin war sie auch. Martin Lätzel über das bewegte Leben der gebürtigen Kielerin.

(Un)bekannte Moderne: Die BEWOBAU-Siedlung von Richard Neutra in Quickborn

Die Architektur-wissenschaftler Barbara von Campe, Eva von Engelberg-Dockal und Johannes Warda sprechen über die BEWOBAU-Siedlung von Richard Neutra und die Moderne im Allgemeinen

Die aktuelle Ausgabe