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Flensburger Schifffahrtsmuseum

Geschichte, Engagement und globale Verbindungen

Das Flensburger Schifffahrtsmuseum hebt sich als städtische Einrichtung in der Reihe der Mitgliedsorganisationen des Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein (BEI) e.V. auf den ersten Blick ab. Dennoch zeigt ein genauerer Blick, dass das Museum eine bedeutende Rolle in der Vermittlung von Themen der Entwicklungspolitik spielt und somit perfekt in die Tradition der BEI-Mitgliedsgruppen passt.

Gelegen im historischen Zollpackhaus direkt am Hafen widmet sich das Flensburger Schifffahrtmuseum der maritimen Geschichte der Stadt. Das Museum bietet umfassende Einblicke in die Hafen-, Handels- und Schifffahrtsgeschichte Flensburgs. Neben historischen Exponaten wie Schiffsmodellen und nautischen Instrumenten zeigt das Museum auch die Auswirkungen des kolonialen Handels auf das Leben in der Karibik und in Flensburg. Durch seine vielfältigen Aktivitäten trägt das Flensburger Schifffahrtsmuseum zur Bewusstseinsbildung in Bereichen wie Erinnerungskultur und globale Gerechtigkeit bei.

Bild: Dietmar Kloke

Der Förderverein des Museums, gegründet im Jahr 1973 mit dem Ziel, ein dauerhaftes Schifffahrtsmuseum in Flensburg zu etablieren, begann mit der Spendenakquise und Lobbyarbeit in der Stadt. Das Sammeln von Exponaten und die Suche nach einem geeigneten Gebäude standen ebenfalls früh auf dem Plan. Dank der Unterstützung der Flensburger Bevölkerung konnte 1984 das Museum im alten Zollpackhaus direkt am Hafen eröffnet werden. Und hat seitdem hunderttausenden Besucher*innen Wissen zu Flensburgs bewegter Geschichte rund um den Hafen und die Seefahrt vermittelt. Die Rumstadt Flensburg Das Museum widmet sich der Darstellung der Stadt- und Hafengeschichte, insbesondere der Kapitäne und Schiffe Flensburgs sowie der deutsch-dänischen Geschichte. Ein besonderer Fokus liegt dabei auch auf der Kolonialzeit und dem damit verbundenen Rum- und Zuckerhandel mit den damaligen dänisch-westindischen Inseln, einem Handel, der untrennbar mit der Versklavung vieler Menschen verknüpft ist. Flensburger Kaufleute profitierten erheblich von diesem dunklen Kapitel der Geschichte – Flensburg ist noch heute weithin als Rumstadt bekannt. Wie aus Zuckerrohr aus der Karibik Rum wird und was das für die versklavten Menschen bedeutete, stellt das Museum in der Dauerausstellung „Rum, Zucker, Sklaverei“ dar. Dabei versucht das Museum auch die Perspektive der heutigen Bewohner*innen der US Virgin Islands (damals dänisch-westindische Inseln) sichtbar zu machen und einen Raum für Austausch zu diesem Thema zu öffnen.

Die Kolonialzeit prägt das Stadtbild der karibischen Inseln bis heute

Ein weniger bekanntes, aber ebenso prägendes koloniales Handelsgut, das die globalen Verflechtungen des Kolonialismus verdeutlicht, waren Ziegelsteine aus Flensburg. Diese wurden als Ballast in die Schiffe geladen, die von hier aus in die Karibik fuhren. Ziegelsteine waren günstig und reichlich vorhanden, sodass die Schiffe im Flensburger Hafen damit beladen wurden, um mehr Tiefgang und damit eine stabilere Lage im Wasser zu erzeugen. In der Karibik waren sie damit auch in großen Mengen vorhanden und wurden als Baumaterial genutzt. Daher ähneln sich die Gebäude in den Häfen der Inseln St. John, St. Croix und St. Thomas noch heute mit den historischen Gebäuden rund um den Flensburger Hafen sowie so mancher dänischen Hafenstadt. Die Ziegelsteine haben, obwohl nur als Mittel zum Zweck verwendet, dazu beigetragen, dass auch heute noch im Stadtbild der US Virgin Islands die koloniale Vergangenheit sichtbar ist und damit verdeutlicht, wie sehr diese die Inseln verändert hat und auch bis heute prägt. Im Flensburger Schifffahrtsmuseum werden aktuelle Fotos von Gebäuden aus der Kolonialzeit auf den US Virgin Islands gezeigt, die diese Verbindungen eindrucksvoll veranschaulichen.

Das Schifffahrtsmuseum und das BEI

Der erste Berührungspunkt des Museums mit dem BEI war ein Fachtag zur „Einen Welt im Museum“ im Jahr 2016. Diese Veranstaltung bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit Erinnerungskultur, verschiedenen Perspektiven auf ein Exponat und Fragen der globalen Gerechtigkeit auseinanderzusetzen.

Bild: Dietmar Kloke

Ein Jahr später konnte das Museum eine jamaikanische Wissenschaftlerin nach Flensburg holen, die zur Kolonialgeschichte der Stadt forschte und die Ausstellung „Rum Schweiß und Tränen“ konzipierte. Auch nach der Sonderausstellung bleibt das Museum ein wichtiger Akteur in der städtischen Auseinandersetzung mit der eigenen Kolonialgeschichte. Es ist im Netzwerk Flensburg Postkolonial vertreten und bietet Besucher*innen diverse musemspädagogische Angebote: Von einer klassischen Führung durch das Haus über einen Stadtrundgang auf der “Rum & Zucker Meile” bis hin zu einer Rallye zu Flensburgs Kolonialen Kontinuitäten. Auch in den wechselnden Sonderausstellungen lassen sich immer wieder Anknüpfungspunkte an die Arbeit des BEI finden, sei es zu Handelsgütern wie Tabak und der verbundenen Plantagenwirtschaft, dem Umgang mit dem Klimawandel an der Ostseeküste oder auch dem Leben an Bord von modernen Containerschiffen, die unsere Lieferketten aufrechterhalten und gleichzeitig äußerst prekäre Arbeitsbedingungen bedeuten. Ein herausragendes Merkmal des Museums ist die Unterstützung durch etwa 25 aktive Ehrenamtliche, die in nahezu allen Bereichen tätig sind, von der Bibliothek über die Pflege des digitalen Exponatkatalogs bis hin zur Betreuung des Schiffssimulators. Ohne ihr Engagement wäre das Museum nicht das, was es heute ist. Das Flensburger Schifffahrtsmuseum greift in seinen Ausstellungen und pädagogischen Angeboten immer wieder Themen der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen auf. Durch diese Arbeit trägt es zur Bewusstseinsbildung und Vermittlung von Entwicklungspolitik bei. Seit Sommer 2022 ist es außerdem Teil des Eine Welt Promotor*innen-Programms und die Einsatzstelle für die Regionalpromotorin Flensburg.


Brücken bauen – 30 Jahre Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein

18,90 

Thema VIII, in Kooperation mit dem Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e. V.. 196 Seiten.

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