Der Ukleisee und das ‚Juwel‘ von Sielbeck

Mit seinen 32 Hektar gehört der Ukleisee zu den kleinsten der 381 schleswig-holsteinischen Seen, die ein Wikipedia-Artikel auflistet. In einem anderen Beitrag des Online-Lexikons erscheint er aber immerhin unter den zwanzig „schönsten“. Für die Schönheit dieses dunklen Gewässers zeigten sich seit dem 18. Jahrhundert immer wieder Maler, Dichter und reisende Naturfreunde empfänglich, darunter Wilhelm von Humboldt, Carl Maria von Weber, Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, Johann Heinrich Voß, der Eutiner Hofmaler Ludwig Philipp Strack und der im 19. Jahrhundert sehr populäre Emanuel Geibel, dessen Gedicht Der Uglei-See die Überschrift dieses Artikels entnommen ist. Der Homer-Übersetzer Voß, einer der Köpfe des Eutiner Dichterkreises, lobte die holsteinische Kulturlandschaft mit ihren unzähligen Seen in den höchsten Tönen: „Es gibt ohne Zweifel Landschaften von auffallender Schönheit, von großartiger Wirkung, […] sicherlich aber keine, die lieblicher zum Auge und gewinnender zum Herzen guter sinniger Menschen spricht, wie die unsrige“. Ein Ölgemälde von Strack („Sielbeck. Ukleisee“, 1799) fängt die dunkle, waldreiche Umgebung des kleinen Sees gut ein und vermittelt die gleiche mystisch-geheimnisvolle Stimmung wie das Gedicht von Geibel („verhüllt in Waldnacht“).

Der Uglei-See

Von Hügeln dicht umschlossen, geheimnisvoll
Verhüllt in Waldnacht dämmert der Uglei-See,
Ein dunkles Auge, das zur Sonne
Nur um die Stunde des Mittags aufblickt.

Weltfremdes Schweigen waltet hier umher, es regt
Kein Hauch des Abgrundes lauteren Spiegel auf,
Nur in des Forstes Wipfeln droben
Wandelt wie ferner Gesang ein Brausen.

Emanuel Geibel

Dazu passt die düstere Sage, die sich in verschiedenen Versionen um den Ukleisee rankt. In einer prosaischen Kurzfassung lässt sie sich etwa so wiedergeben: Auf einer Anhöhe in dieser Gegend befand sich einst ein Schloss, in dem ein junger schöner Ritter lebte, der jeden Morgen zur Jagd ritt. Dabei begegnete er oft der schönen Tochter eines armen Bauern aus Sielbeck. Er verliebte sich in sie; wegen ihrer armen Herkunft verweigerte sie sich aber seinen Liebesschwüren, obwohl sie ebenfalls verliebt war. Eines Morgens führte er sie zu einer kleinen Kapelle im Wald und versprach ihr vor dem Altar feierlich die Ehe: „Und der Himmel soll mich vernichten, wenn ich meine Treue nicht halte“. Sie trafen sich nun jeden Morgen. Als sie ihn aber einmal an sein Versprechen erinnerte, kam er seltener und bald gar nicht mehr. Sie wurde krank und starb am Liebeskummer. Der Ritter verlobte sich mit einer reichen Gräfin und wollte sie in derselben Kapelle heiraten. Während der Zeremonie erschien der Geist des Mädchens und drohte ihm, woraufhin ein furchtbares Gewitter einsetzte, die Kapelle mit der Hochzeitsgesellschaft (bis auf den Pfarrer, die Braut und ein kleines Mädchen) im Boden versank und an derselben Stelle der heutige See entstand. Natürlich fehlt auch der Gegenwartsbezug der rührenden Geschichte nicht: In der Abenddämmerung, bei ganz stillem Wasser, ist das Läuten des kleinen Glöckchens der Kapelle […] zu hören, doch man muss ganz still sein und genau hinhören.

Sielbeck. Ukleisee. Ölgemälde von Ludwig Philipp Strack , 1799

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Rolf-Peter Carl