Das Zitat im Titel ist am Fuße des Grabmals der Lübecker Schriftstellerin Ida Boy-Ed (1852–1928) auf dem Burgtortorfriedhof in Stein gemeißelt zu lesen. Zu Recht, denn Ida Boy-Eds Wollen war stark: Jahrelang kämpfte sie beharrlich und unerschütterlich für ihre Leidenschaft, schreiben und veröffentlichen zu dürfen und ging einen langen, steinigen Weg bis zum ruhmreichen Ziel. So lang und steinig war dieser Weg vor allem deshalb, weil die Familie ihres Mannes Carl Johann Boy (1845–1904), den sie gerade 18-jährig geheiratet hatte und dem sie vier Kinder gebar, ihr Talent verhöhnte und ihr das Schreiben verbot. Erst nach zahlreichen Konflikten, persönlichen Kämpfen und Niederlagen setzte sich Ida gegen den Widerstand des Ehemannes, seiner Familie und der Lübecker Gesellschaft als Schriftstellerin durch und wurde berühmt.
Wer war Ida Boy-Ed? Zunächst einmal war sie, kaum erwachsen, liebende Ehefrau und fürsorgliche Mutter. Anfang 30 hatte sie auch ihr künstlerisches Ziel erreicht: Sie war bekannt und wurde allmählich berühmt. In den folgenden vier Jahrzehnten veröffentlichte Ida Boy-Ed nahezu jedes Jahr ein neues Buch. So entstanden mehr als 70 Bücher: Romane, Erzählbände und Biographien (veröffentlicht wurden 54 Romane, darunter eine Neubearbeitung, die beiden ersten von 1878 – Thaddeas Erbe und 1879 Dunkle Gewalten sind nie in Buchform erschienen; Hinzu kamen drei oder vier Biografien; 104 Novellen, davon wurden 61 in 13 eigenen Novellenbänden veröffentlicht), erschienen im Laufe ihres Lebens. Ida Boy-Ed war nun längst nicht nur eine berühmte Schriftstellerin, sondern auch eine hochverehrte Lübecker Bürgerin. Mit Thomas Mann, den Ida 1893 durch dessen jüngeren Bruder Heinrich kennenlernte, verband sie eine lebenslange Freundschaft. Bis zu Idas Tod standen die beiden miteinander in Korrespondenz.
Ida war es, die sich gleich nach Erscheinen von Thomas Manns erstem Roman Buddenbrooks für den von der Lübecker Gesellschaft angefeindeten Roman einsetzte, weil sie dessen literarische Bedeutung erkannte. Ida Boy-Ed war es auch, die dafür sorgte, dass Thomas Mann am 2. Dezember 1904 im Auftrag der Lübecker Literarischen Gesellschaft im Alten Casinosaal in der Beckergrube aus seinen Werken las. Erstmals – wie auch bei späteren Lübeck-Aufenthalten – wohnte Thomas Mann damals bei seiner „mütterlichen Freundin“ und „vorgeschrittenen Meisterin“.
Dieser Text erschien zuerst in: Der Wagen. Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, Herausgegeben im Auftrag der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit von Manfred Eickhölter, Hansiches Verlagskontor Lübeck, 2022.