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Erinnerungen an Max Plancks Leistungen und seine letzten Jahre – 125 Jahre sind erst der Anfang

KulturzeitschriftErinnerungen an Max Plancks Leistungen und seine letzten Jahre - 125 Jahre sind erst der Anfang

Die UN-Generalkonferenz hat 2025 zum internationalen Jahr der Quantenwissenschaft und -technologie erklärt. Als Geburtsstunde der Quantenphysik gilt ein im Jahr 1900 gehaltener Vortrag von Max Planck. Das Kieler Max-Planck-Museum erschließt den Nachlass des Physikers. Die Kondolenzschreiben aus aller Welt, die seine Frau Marga nach dessen Tod im Jahr 1947 erreichen unterstreichen die Bedeutung seiner grundlegenden Forschung.

Die Quantenphysik ist abstrakt und widerspricht der menschlichen Intuition. Wenn von ihrer Anwendung gesprochen wird, dann kommen häufig futuristische Begriffe, wie Quantencomputer oder Quantenkryptographie zur Sprache. Allerdings beruht auch unser heutiges Leben bereits wesentlich auf Erkenntnissen der Quantenphysik. Seien es Laser, Atomuhren, Magnetresonanztomografie (MRT) oder Halbleiter, die die heutige Elektronik und Nanotechnologie erst ermöglichen – die Quantenphysik ist ein essenzieller Teil des modernen Lebens.
Anlässlich der grundlegenden Arbeiten Werner Heisenbergs (Nobelpreis 1932, verliehen 1933), Max Borns (Nobelpreis 1954) und Pascual Jordans, sowie vor allem Erwin Schrödingers (Nobelpreis 1933) Arbeiten aus dem Jahre 1925 wurde das Jahr 2025 von der UN-Generalkonferenz zum “International Year of Quantum Science and Technology” ausgerufen. Damit sollen die bahnbrechenden Beiträge der Quantenwissenschaft zum technologischen Fortschritt der vergangenen 100 Jahre gewürdigt werden. Unter dem Motto “100 Jahre sind erst der Anfang …” soll unter anderem das Bewusstsein für ihre weitere Bedeutung für die “nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert” geschärft werden. Zwar begründeten die genannten Arbeiten die Quantenmechanik, indem sie ihr einen formalen, mathematischen Rahmen gaben, jedoch liegen die eigentlichen Anfänge der Quantenphysik noch etwas weiter zurück. Als ihre Geburtsstunde wird ein Vortrag Max Plancks über die Strahlung schwarzer Körper, gehalten am 14. Dezember 1900 vor der Berliner Physikalischen Gesellschaft, bezeichnet, da hier erstmals die Quantenhypothese formuliert wurde – also die Vermutung, dass die Energie der Elektromagnetischen Strahlung aus endlichen kleinsten Einheiten (den Quanten) besteht. In diesem Sinne handelt es sich bei dem Jahr 2025 nicht nur um das hundertste Jubiläum der Quantenmechanik, sondern insbesondere gleichzeitig um das hundertfünfundzwanzigste der Quantenphysik im Allgemeinen.
Plancks Wertschätzung in der Wissenschaft.

Bereits zu Lebzeiten wurde dem gebürtigen Kieler Max Planck die Anerkennung zuteil, die ihm aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen gebührt. So erhielt er beispielsweise – wenn auch mit langer Verspätung — 1919 den Nobelpreis für Physik (rückwirkend für 1918) und eine Vielzahl weiterer Ehrungen in vielen Ländern. Darüber hinaus wurde Planck 1946 Namensgeber der Max-Planck-Gesellschaft, einer der führenden Wissenschaftsgesellschaften weltweit. Die Kondolenzschreiben, die seine Ehefrau Marga Planck nach seinem Tod am 4. Oktober 1947 erhielt, spiegeln diesen Sachverhalt wider und geben außerdem Aufschluss über die Persönlichkeit Plancks sowie sein Verhältnis zu anderen Forschern und Forscherinnen. Diese Kondolenzen sind Teil des Nachlasses, den der Plancksche Familienverband dem Kieler Max-Planck-Museum, namentlich Prof. Michael Bonitz, leihweise zur Erschließung überlassen hat. Über erste Ergebnisse wurde bereits kurz in dieser Zeitschrift berichtet (Ausgabe Winter/Frühjahr 2023). Insgesamt hat Plancks Witwe mehrere Hundert Beileidsschreiben aus der Wissenschaft erhalten, darunter von 18 Nobelpreisträgern.

So schreibt etwa Niels Bohr, dem 1922 für seine Arbeiten über die Struktur von Atomen der Nobelpreis verliehen wurde, von Planck als dem “Forscher, der die Grundlage geschaffen hat, auf der wir alle arbeiten”. Aussagen wie diese lassen sich vielfach in den Kondolenzschreiben wiederfinden. Beispielsweise äußert Walther Bothe, einer der wenigen Doktoranden Plancks und ebenfalls Nobelpreisträger (1954), in seiner Kondolenz, dass Planck seinem ganzen wissenschaftlichen Leben und Streben die Richtung und Form gegeben habe. Außerdem schreibt er von Plancks Bild als “das unerreichbare Ideal strenger Wissenschaftlichkeit”. Ein weiterer Doktorand Plancks, der ebenfalls den Nobelpreis für Physik erhielt (1914), war Max von Laue, welcher auch die Trauerrede bei der Beerdigung Plancks auf dem Friedhof in Göttingen hielt. Der Amerikaner, Robert Andrews Millikan, der den Nobelpreis für Physik 1923 erhielt und im Jahre 1895 während eines Deutschland-Aufenthaltes ein Schüler Plancks war, erinnert an die Einflüsse, die Planck auf seine eigene Forschung hatte. Dabei bezeichnet er Planck als einen der weltweit führenden theoretischen Physiker. Gleichzeitig hebt er die Persönlichkeit Plancks hervor und beschreibt ihn als einen der wenigen Männer ihrer Generation, die die Welt reicher gemacht haben durch ihre Anwesenheit in ihr.

Kondolenzschreiben des Physikers und Nobelpreisträgers Niels Bohr.

Ähnlich äußert sich Arnold Sommerfeld, ebenfalls ein berühmter Quantenphysiker, der 84 Mal für den Nobelpreis für Physik nominiert wurde, ihn jedoch nie gewann, dafür allerdings die größte Anzahl von Schülern hatte, die später einen Nobelpreis verliehen bekamen. So erinnert er in seinem Schreiben eine Gegebenheit aus dem Jahre 1915, als er und Planck zu Spektrallinien forschten. Sommerfeld schreibt dazu:
“Er [Planck] half mir damals, ohne eine Spur von Konkurrenz, über eine Schwierigkeit hinweg. Wir hätten es ja nicht anders von ihm erwartet, da seine Sachlichkeit und Uneigennützigkeit unfehlbar waren.”

Bemerkenswert ist auch die lange und persönliche Kondolenz von James Franck, einem deutschen Physiker, der in die USA emigrierte und durch das Franck-Hertz-Experiment (Nobelpreis 1925) berühmt wurde:

„…mit Ihnen trauern die Wissenschaftler der Welt und insbesondere diejenigen, denen nicht nur die wissenschaftlichen Leistungen des grossen Gelehrten heilig sind, sondern die auch die Grösse seiner edlen Menschlichkeit im Glück und Unglück erlebt haben…
In dieser Zeit, in der man manchmal an der Menschheit verzweifeln möchte, habe ich es immer als grossen Trost empfunden, dass es Männer wie Max Planck gibt auf dieser Welt.‘‘

Max Planck hatte aber auch über die Physik hinaus große Bekanntheit erlangt, so dass auch von Vertretern vieler anderer Fachgebiete, sowie von Wissenschaftsorganisationen Kondolenzschreiben eingingen. So steht etwa im Schreiben der Akademie der Wissenschaften in Wien

„…Seine wissenschaftlichen Leistungen haben ein neues Zeitalter in der Physik heranbrechen lassen. Seine Entdeckungen haben Wirkungen hervorgebracht, die alle Naturwissenschaften berührten, der Philosophie neue Gesichtspunkte gaben und das gesamte naturwissenschaftliche Weltbild veränderten. Sein Wesen und sein Name waren ein geistiger Schild für sein Volk, sie haben das Ansehen der deutschen Nation vor der Welt gemehrt und seinen Ruhm erhöht.“

Weiter schreibt die deutsche Genetikerin und Widerstandskämpferin Elisabeth Schiemann: „Er war für uns der Exponent des guten deutschen Gewissens durch all die bösen Jahre und darum wird sein Name, der heute durch die ganze Welt geht, unser bester Anwalt sein, um den Glauben an ein besseres Deutschland lebendig zu halten.” Sie studierte von 1908 bis 1912 an der Berliner Universität und war mit der Physikerin Lise Meitner, einer Schülerin Plancks, befreundet. Ebenso wie Meitner war Schiemann eng mit Planck und seiner Familie verbunden und besuchte diese sowohl in ihrem Haus in Berlin als auch nach der Flucht in Göttingen. In ihrer Kondolenz erinnert sie dabei an ihren letzten Besuch und das „freundlich-harmonischen Plauderstündchen mit dem alten Herren“.

Neben Elisabeth Schiemann und Lise Meitner gab es noch weitere weibliche Stimmen aus der Wissenschaft, die Kondolenzschreiben zum Tode Max Plancks verfassten, wobei diese entsprechend der Anzahl von Frauen in der Wissenschaft in der damaligen Zeit lediglich einen kleinen Anteil ausmachten. Zu den weiteren Verfasserinnen gehörten Minna Lang, die die erste Frau war, die in Physik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt promovierte, und Erika Cremer, die eine der wichtigsten Pioniere der Gaschromatographie war. Insbesondere studierte Cremer Chemie in Berlin unter dem Einfluss von den Nobelpreisträgern Walther Nernst, Max von Laue, Albert Einstein sowie Max Planck und erinnert in ihrem Schreiben an Planck als einen als „Mensch und Forscher überragenden Mann“, der ihr „wissenschaftlich und freundlich“ begegnet sei.

Berührend ist das ausführliche Beileidsschreiben des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, mit dem Planck einen engen Briefwechsel gepflegt hatte. Er hebt unter anderem Plancks Charakter und Prinzipientreue in der Zeit des Nationalsozialismus hervor:

„Er war nicht nur ein genialer Forscher sondern ein tiefer Denker und hat als solcher Überzeugungen ausgesprochen, die geistiges Gut sind das viel bedeutet… Aber wie Schweres hat er im Alter dann noch erleben müssen! Und in dem Schweren hat er sich als ein aufrechter Mann gezeigt, auf den viele Augen gerichtet waren. Er vertrat die ewigen ethischen Kulturwerte denjenigen gegenüber, die sie anzutasten und zu entwerten versuchten. Trost und Stärkung in grausigen Zeiten gab er damit vielen, die in der allgemeinen Verirrung nicht mitmachen wollten…. In einer Zeit, wo so viele Gelehrte sich als Menschen kleiner erwiesen, wahrte er sich edelstes Menschentum und zeigte ruhige Unerschrockenheit…“

Kondolenzschreiben des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer.

Im Zuge des Luftkrieges im Zweiten Weltkrieg musste Planck mit seiner Frau Berlin verlassen und kam ab 1943 bei dem Industriellen Carl Still in Burg Rogätz, in der Nähe von Magdeburg, unter. Das Haus der Planck-Familie in Berlin wurde schließlich 1944 vollständig zerstört in Folge eines Bombenangriffs. Durch das Vorrücken sowjetischer Truppen näherten sich die Kampfhandlungen im Jahre 1945 immer mehr der Unterkunft Plancks. Nur wenige Stunden vor dem Eintreffen sowjetischer Truppen in Rogätz wurden Planck und seine Ehefrau durch US-amerikanische Truppen gerettet und in Göttingen in Sicherheit gebracht. Initiator dieser Rettungsaktion war der niederländische Astronom Gerard Kuiper, der sich den US-amerikanischen Streitkräften angeschlossen hatte und zu der Zeit auf deutschem Gebiet war. Er hörte von Plancks Lage und fuhr alsbald mit einem Wagen nach Rogätz, um Planck und seine Ehefrau vor sowjetischer Gefangenschaft zu retten. Auch von Kuiper liegt ein Kondolenzschreiben vor, in dem er bescheiden nur indirekt an dieses Ereignis erinnert: Er schreibt davon, dass es ein Privileg gewesen sei, eine “Gelegenheit” gehabt zu haben, Planck und seine Frau getroffen zu haben, ohne von den Gegebenheiten des Krieges oder der Rettungsaktion zu sprechen.

Max Planck und Kiel

Ebenso wie Plancks Familienhaus in Berlin wurden auch große Teile der Kieler Universität im Zweiten Weltkrieg zerstört. Zu dieser hatte Planck, wie zu seiner Heimatstadt Kiel, Zeit seines Lebens ein enges Verhältnis. So war er von 1885 bis 1889 dort Professor für theoretische Physik und war damit zu jener Zeit einer der wenigen Professoren auf diesem Fachgebiet in Deutschland. Zwar nahm er im Jahre 1889 einen Ruf an die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin an, blieb jedoch der Stadt Kiel und ihrer Universität weiterhin verbunden. So wurde er 1944 zum Ehrensenator der Universität und 1947 zum Ehrenbürger der Stadt Kiel ernannt. Nach dem Tod Plancks erhielt seine Ehefrau unter anderem ein Kondolenzschreiben vom Rektor der Universität, Hermann von Mangoldt, der schreibt

„…Schon die selten verliehene Würde des Ehrensenators mag Ihnen sagen, was er uns gewesen ist. Wir haben uns durch die Jahrzehnte hindurch besonders mit ihm verbunden gefühlt und gerade das sollte durch die erstmalige Verleihung der Würde des Ehrensenators an ihn zum Ausdruck gebracht werden. Die Universität Kiel hat es sich immer zu einer besonderen Ehre angerechnet, diesen durch seine wissenschaftliche Tätigkeit weltbekannten Mann in dieser Weise zu den Ihren rechnen zu können.“

Auch vom damaligen Direktor des Instituts für Theoretische Physik und späteren Rektor der Universität, Albrecht Unsöld, liegt ein Kondolenzbrief vor. Darin schreibt er von einem Besuch Plancks an der Universität und der zuvor erwähnten Zerstörung der Universität. Im Rahmen des Wiederaufbaus der zerstörten Gebäude äußerte Unsöld die Hoffnung, “dass stets Planckscher Geist in ihnen wohne!” Des weiteren liegt ein Schreiben vom Kieler Theoretischen Physiker Walter Kossel vor, der u.a. schreibt

„…Wie dankbar muss ihm nicht die gesamte deutsche Wissenschaft dafür sein, daß er diese seine Persönlichkeit in ihrer Würde für sie einsetzte,- wie viel hat das für die Anerkennung ihres Ranges in Deutschland und im Ausland bedeutet!…‘‘

Kondolenzschreiben des Direktors der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Hermann von Mangoldt.

Das Andenken an Planck in Kiel halten heute vor allem die Physiker an der CAU wach, die 2013 ein Museum für Planck und die Quantenphysik eingerichtet haben. Darüber hinaus wird Planckschem Geist entsprechend seit 2014 durch die Mitglieder des Forschungsschwerpunkts Kiel Nano, Surface and Interface Science (KiNSIS) an der Christian-Albrechts-Universität die Diels-Planck-Medaille an herausragende internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Gebiet der Nano- und Oberflächenwissenschaften verliehen. Dabei ist dieser Preis neben Planck nach dem Kieler Professor und Nobelpreisträger Otto Diels benannt, welcher zusammen mit seinem Doktoranden Kurt Adler die sogenannte Diels-Adler-Reaktion entwickelte, die zur Synthese chemischer Verbindungen und insbesondere Nanomaterialien verwendet werden kann. Nano- und Oberflächenwissenschaften stellen allerdings nur einen kleinen Teil der Errungenschaften und Entwicklungen dar, die auf Max Plancks Entdeckung aus dem Jahre 1900 zurückzuführen sind und sein werden, denn 125 Jahre sind erst der Anfang …


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