Wie Theodor Fontane mit einem Wortspiel einen Kriegshelden erschuf

Hier fiel der Pionier Klinke“, heißt es auf einer Gedenktafel auf den Düppeler Schanzen. Hier, vor den Toren der Stadt Sonderburg/Sønderborg fand am 18. April 1864 eine der entschiedenen Schlachten im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 statt. Gegeneinander kämpften einerseits Preußen und Österreich und andererseits Dänemark.

Der Krieg sollte zugunsten der deutschen Staaten ausgehen und das Herzogtum Schleswig-Holstein später als Provinz an das Königreich Preußen bzw. das deutsche Kaiserreich eingehen.

Besucht man die Düppeler Schanzen, zeugen heute noch Gräben und Wälle von den Wehranlagen, die Dänen und Preußen früher errichtet hatten. Fast schon als Mahnmale, oder auch als Stolpersteine der Geschichte, wird auf der Anlage einigen Gefallenen des Krieges von 1864, primär Offizieren, gedacht. Schon etwas abseits von den Hauptwegen entfernt, hin zum Wasser, stehen die Reste der Schanze Nr. 2.

Die gusseiserne Gedenktafel für den Pionier Klinke

Dem Besucher fällt dort gleich ein Gedenkstein mit einer gusseisernen Gedenkplatte ins Auge. An diesem Ort wird dem preußischen Pionier Carl Klinke gedacht. Laut Erzählung hat er, bei der Erstürmung der Schanzen am 18.April 1864, eine Heldentat vollbracht. Dazu soll er mit einem Pulversack an die Palisade der Schanze Nr. 2 gelaufen sein und dort ein großes Loch hinein gesprengt haben. Dies war nötig, da die Palisade der Schanze Nr. 2, trotz vorherigem stundenlangen Bombardements, wohl noch intakt gewesen sein soll. Bei dieser Tat soll er laut Erzählung den Satz „Ick bin Klinke. Ick öffne dit Tor“ ausgesprochen und sich selbst mit in die Luft gesprengt haben. Der damit entstandene Durchgang sollte erst die Erstürmung der Schanze Nr.2 und die Eroberung der gesamten Schanzenanlage Düppel/Dybbøl, durch die Preußen, ermöglicht haben. Der Pionier Carl Klinke wurde später zusammen mit acht Kameraden auf dem Friedhof von Broacker/ Broager beerdigt. Erstaunlicherweise ist es ein, für einen Kriegshelden, schlichtes Grab. Dies lässt darauf schließen, dass er seinen Heldenstatus erst später erhielt.

Eine wichtige Rolle zur Bildung des Heldenstatus spielte dabei Theodor Fontane. Dieser war als Kriegsberichterstatter zwar nicht am 18. April 1864 auf den Düppeler Schanzen zugegen, besuchte sie aber in den folgenden Monaten. Später „verarbeitete“ er den Krieg von 1864 literarisch. Dies in dem Gedicht „Der Tag von Düppel“ und in dem Buch „Der Schleswig-Holsteinische Krieg im Jahre 1864“. In dem Gedicht, das genau wie das Buch erst 1866 veröffentlicht wurde, heißt es:

Palisaden starren die Stürmenden an,
Sie stutzen; wer ist der rechte Mann?
Da springt von achten einer vor:
„Ich heiße Klinke, ich öffne das Tor!“ –
Und er reißt von der Schulter den Pulversack,
Schwamm drauf, als wär‘s eine Pfeif‘ Tabak.
Ein Blitz, ein Krach – der Weg ist frei –
Gott seiner Seele gnädig sei!
Solchen Klinken für und für
Öffnet Gott selber die Himmelstür.

Theodor Fontane konnte sich offensichtlich des Wortspiels „Ich heiße Klinke, ich öffne das Tor!“ nicht verwehren und trug so zum „Aufstieg“ des Pionier Klinkes, als Kriegsheld von 1864, bei.

Als 1872 auf den Düppeler Schanzen ein großes Siegesmonument zur Erinnerung an den Deutsch-Dänischen Krieg von 1864, eingeweiht wurde, war der Ruf des Pioniers Klinke schon gefestigt. Eine der vier Statuen, die auf den vier Ecken des Monuments platziert wurden, stellte ihn dar. Das Monument wurde im Anschluss an den 2. Weltkrieg gesprengt. Der Kopf der Klinke-Statue blieb aber erhalten und steht heute im Museum Sonderburger Schloss/Sønderborg Slot.

Dass sich der Pionier Klinke als Kriegsheld etabliert hatte, zeigt sich auch an dem Eintrag in Meyers Lexikon von 1888. Auch hier ging das Wortspiel „Ich heiße Klinke, ich öffne das Tor!“ ein.

Was ist aber nun wirklich dran an der Erzählung des Pionier Klinkes? Ist es vielleicht nur ein Mythos?

Richtig ist, dass er bei der Erstürmung der Schanze Nr. 2 am 18. April 1864 und der Sprengung der Palisade dabei war. Richtig ist auch, dass er bei der Sprengung verwundet wurde und dass er gestorben ist. Aber hier fängt schon der Mythos an …



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Hauke Grella,
Leiter der Deutschen Museen Nordschleswig