Dieses schön gestaltete und hochwertig gearbeitete Buch liefert, basierend auf dem Wettbewerb „Neue Prosa 2016/17“, einen tiefen aufregenden Einblick in das so vielfältige und abwechslungsreiche literarische Schaffen in Schleswig-Holstein: Da bietet das kleine idyllische Bundesland die Inspiration und Kulisse für actionreiche Zombie-Erzählungen (Anna Hansen: SUB-X2), für kafkaesk-blockbusterische Dystopie (Alexandra Göpfert: Flut) oder für vergangene schicksalhafte Nächte an der Schwentine bei Klausdorf (Kristin Lange: Gute Nacht Friedrich).
Doch in Schleswig-Holstein zu schreiben bedeutet nicht automatisch, seine Geschichten hier zu verorten. Da sind Jonis Hartmanns rätselhafte Alltagsbeobachtungen, da ist Jennifer Bodes raffinierte Erzählung „Wege aus der Stadt“, in der sich die Figuren von ihrem Autor befreien wollen, da gerät bei Ilka Volz die Protagonistin in ein Abhängigkeitsverhältnis zum weichen Etwas unter ihrem Kühlschrank.
Mit Albert Meiers Artikel „Dichtung, die Gegenwärtig sein will“ kommt in diesem Band auch die Literaturwissenschaft zu Wort: Mit einem Blick auf die Debatten der jüngeren Literaturgeschichte zwischen Postmoderne und „neuem Realismus“ fragt er danach, wie sich heute noch „bemerkbar schreiben“ lässt.
Eine Parole für jede Wand: „Wir sitzen hier nur und wollen unsere Ruhe“ (Jennifer Bode: Wege aus der Stadt)
Ein Satz auf den 2. Blick: „Einen Menschen abwickeln.“ (Kristin Lange: Gute Nacht, Friedrich)
Ein Satz für die WG-Küche: „Unter dem Kühlschrank verbarg sich etwas Elastisches, mit einem Flaum überzogen, etwas Weiches.“ (Ilka Volz: Weich – Unter der Dunkelheit)
Was ich mich auch manchmal frage: „Was hat sie gesagt, wie jetzt und in welcher Reihenfolge?“ (Jonis Hartmann: Montags beißen sie. Eigenverantwortlich liegen)
Kristof Warda