Die große Kunstausstellung in Büdelsdorf legt in diesem Jahr ihren Länderfokus auf unser Nachbarland Polen. Jan Wiktor Sienkiewicz, Kurator des Länderpavillons, gibt im Gespräch mit Chefredakteur Kristof Warda einen Einblick in seine Auswahl und erläutert, warum er nicht nur Kunst aus Polen zeigt.
Sehr geehrter Herr Sienkiewicz, Sie haben für den Polnischen Pavillon auf der NordArt den Titel „Ponad Granicami“, zu Deutsch „Über Grenzen“, gewählt. Wie ist der Titel zu verstehen?
Jan Wiktor Sienkiewicz: Der Titel der Ausstellung hat für mich mehrere Bedeutungsebenen. Eine sehr wichtige davon bezieht sich auf die Auswahl der Künstler:innen: Wir befinden uns zwar im „Polnischen Pavillon“, doch sehen wir hier nicht ausschließlich Kunst aus Polen. Vielmehr haben zahlreiche der ausstellenden Künstler:innen – auch wenn sie aus Polen kommen – ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt außerhalb des Landes. In der heutigen, globalen Kunstszene scheint das erstmal nichts Besonderes, für Polen hat das allerdings Tradition. Im Grunde existieren spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zwei Stränge in der polnischen Kunstgeschichte: Die in Polen geschaffene Kunst und die Kunst von Polen, die aus unterschiedlichen Gründen – oftmals aus politischen – außerhalb des Landes Kunst schufen. Bis 1989/90 betrachtete die Kunstgeschichte nur die in Polen geschaffene moderne Kunst. Die Öffnung nach Westen brachte die Möglichkeit mit sich, sich mit dem zweiten Strang auseinanderzusetzen: So gab es unter dem Titel „Wir sind“ im Jahr 1991 in der Galerie Zachęta eine erste umfangreiche Ausstellung mit Werken von emigrierten Künstler:innen. Der komplexe und langwierige Prozess, diese beiden Stränge der polnischen Kunstgeschichte zu vereinen, dauert im Grunde seitdem an. Im Polnischen Pavillon auf der NordArt sehen wir nun erstmals Positionen beider Stränge gemeinsam in einer Ausstellung. Unter den Ausstellenden befinden sich Künstler:innen, die sich zu ganz unterschiedlichen Zeiten ganz bewusst dazu entschieden haben, außerhalb Polens – zum Beispiel im Libanon, in der Ukraine, in den USA, Frankreich, Deutschland oder England – zu arbeiten.
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